Zahn Arzt – Die Menge ist nicht das Problem

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Der Zahn Arzt im Gespräch mit Jürgen Kurz, mehrfach ausgezeichneter Trainer und Referent zum Thema, wie man effektiv und zeitsparend mit Praxiskorrespondenz umgeht.Die Menge der Korrespondenz ist nicht das Problem, sondern wie mit ihr umgegangen wird, meint der Experte im Interview.



Kommunikation und Informationen habe in der Medizin einen sehr hohen Stellenwert – und sind deshalb auch erwünscht. Doch was tun, wenn Briefe und E-Mails anfange, den Arbeitsrythmus zu bestimmen und nicht umgekehrt?

KURZ: Diese Frage bekomme ich sehr häufig gestellt – vor allem im Zusammenhang mit den E-Mails. Viele Menschen bekommen 100 oder noch mehr Mails pro Tag, und die Frage ist, wie man damit umgeht.
Meines Erachtens ist nicht die Menge das Problem, sondern was man daraus macht. Unterlagen werden an unterschiedlichsten Stellen aufbewahrt, unterschiedliche Mitarbeiter machen dies unterschiedlich mit dem Ergebnis, dass Informationen an unterschiedlichsten verstreuten Stellen vorliegen und dann im Bedarfsfall nicht schnell gesichert werde können. Hier empfiehlt es sich das Motto „Alles hat seinen Platz, alles hat einen Platz!“ zu verfolgen.

Um gleich bei Ihren Beispiel zu bleiben: Wie sollte in Arzt mit den E-Mails, die er nicht delegieren kann oder will, verfahren?

KURZ: Die meisten sichten die E-Mails in ihrem Posteingangsordner häufig, um einfach mal zu sehen, ob da etwas anbrennt, wenn man es nicht gleich bearbeitet. Dann lassen sie die E-Mail als gelesen im Posteingang stehen, mit dem Ziel, sie irgendwann einmal zu bearbeiten. Wenn sie so 30-40 Mails vor sich herschieben, verlieren sie den Überblick und bekommen ein flaues Gefühl im Magen, dass sie etwas vergessen könnten. Also sichten sie die Mails von Zeit zu Zeit wieder. Daher rate ich, die E-Mails nicht nur zu sichten, sondern immer gleich zu verarbeiten. Verarbeiten kann heißen, eine der folgenden fünf Möglichkeiten zu wählen: (1) Löschen, (2) Beantworten – wenn die Beantwortungszeit unter fünf Minuten liegt, (3) Archivieren, (4) Weiterleiten, (5) Terminieren.

Das Problem der Menge beschränkt sich aber leider nicht nur auf den Mailverkehr. Selbst wenn man die Werbung gleich von der Assistentin aussortieren lässt, bleibt dennoch vieles an Briefpost liegen. Was empfehlen Sie hier?

KURZ: Das Gleiche wie auch für die Bearbeitung des elektronischen Posteingangs: Dass eben alles, was einmal in die Hand genommen wird, auch gleich verarbeitet bzw. abgelegt wird: Also (1) wegwerfen, (2) beantworten – wenn man z. B. nur einen Befund ausdrucken oder etwas unterschreiben und ins Kuvert stecken muss, (3) an seinem Platz ablegen, (4) mit einer Notiz versehen der Assistentin zur selbstständigen Erledigung weitergeben oder eben (5) terminieren. Das heißt nicht automatisch, dass man alles gelesen haben muss. Aber wenn man alle Unterlagen zu einem Thema das einen interessiert oder das bearbeitet werden muss, beisammen hat, dann kann man sich schnell hineindenken.

Stichwort „Terminieren“, Sie meinen damit nicht, „nur“ einen Termin in den Praxiskalender einzutragen, oder?

KURZ: Nein, auf keinen Fall! Terminieren heißt, zumindest alle größeren Aufgaben so in den Praxiskalender einzubauen, dass sie auch erfolgreich erledigt werden können. Wenn ein Arzt zum Beispiel seine Praxis umbauen will und dazu einen Termin mit dem Architekten vereinbart hat, ist es wichtig, dass er die Unterlagen dazu, die er etwa via Mail oder Briefpost bekommen hat, gleich in die „temporäre Ablage“ gibt und nicht nur den Termin zu dem der Architekt in die Praxis kommt, in seinen Kalender einträgt. ES ist sinnvoll, sich etwa für denselben Vormittag, an dem der Termin ist, auch gleich zwei Stunden im Kalender zu reservieren, um das Geplante zu durchdenken bzw. das Gespräch vorzubereiten. So läuft er nicht Gefahr, überrollt zu werden; getreu dem Motto: „Sit in the drivers seat!“ Denn wenn man auf dem Fahrersitz Platz nimmt, kann man lenken und steuern, indem man Überblick bewahrt, plant und terminiert. Konkrete Arbeitshilfen finden Sie auf meiner Website www.buero-kaizen.de zum Herunterladen.

Welche Tipps können Sie einem Arzt geben, damit nicht die Praxiskorrespondenz jede Minute der Arbeitszeit beherrscht, wenn er nicht gerade am Patienten arbeitet?

KURZ: Verschwenden Sie keine Gedanken daran, wie Sie die Korrespondenz reduzieren können, sondern viele mehr, wie Sie damit umgehen. Alleine die Menge der E-Mails verdoppelt sich jetzt schon fast alle zwei Jahre. Zudem denke ich, dass es heute in allen Branchen essenziell ist, dass man sich mit exzellenten Mitarbeitern umgibt. Mein Geschäftsführerkollege Prof. Jörg Knoblauch stellt sich immer die Frage: „Was passiert Schreckliches, wenn ich diesen Vorgang nicht selbst bearbeite?“ Wenn ihm nicht einfällt, dann tendiert er dazu die Bearbeitung des Vorgangs jemand anders zu überlassen.

„ALLES HAT SEINEN PLATZ, ALLES HAT EINEN PLATZ!“

Wichtig ist, dass der Arzt Zeitfenster für die wichtigen Dinge wie Mitarbeitergespräche, strategische Ausrichtung der Praxis usw. einplant. Dann werden bestimmte andere Aufgaben auf der Strecke bleiben. Das ist aber nicht tragisch, denn das ist einfach gar nicht anders machbar. Wichtig ist, dass in der knappen Zeit die wichtigen Dinge, wie zum Beispiel die strategische Ausrichtung, die Auswahl der richtigen Mitarbeiter usw., erfolgen. Generell muss man sich einfach klar machen, dass es nicht möglich ist, alles zu tun, was man tun wollte oder tun könnte.


Das Gespräch führte Dr. Veenu Scheiderbauer