SPIEGEL – Endlich Ordnung im Büro

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Endlich Ordnung im Büro
So machen Sie reinen Tisch

Wie bekommt man sein Büro-Chaos nachhaltig in den Griff? Wir haben SPIEGEL-Leser aufgerufen, uns Fotos ihrer Tische zu senden – hier gibt Effizienzprofi Jürgen Kurz Tipps.

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In einem Interview mit dem Aufräum- und Büroorganisationsexperten Jürgen Kurz hatten wir unsere Leser aufgerufen, uns Bilder ihrer Schreibtische zu schicken. Hier sind Kurz‘ Tipps für erste Schritte zur Ordnung.
„Problematisch daran ist vor allem, dass ich Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens (150 Mitarbeiter) bin und damit alles andere als ein guten Vorbild”, schreibt der Besitzer dieses Schreibtischs. Jürgen Kurz: „Super finde ich, dass der Geschäftsführer sich seiner Vorbildfunktion bewusst ist. Die zwei wichtigsten Tipps:
1. Packen Sie Telefonisten, Kostenstellenpläne, Preislisten und anderes entweder in ein Foliensichtbuch oder digitalisieren Sie es.
2. Schaffen Sie ein System mit Direktzugriff für laufende Vorgänge, etwa einen Pultordner mit dem Register 1-31. Jedem Vorgang ordnen Sie eine beliebige Nummer zu, vorne im Ordner legen Sie ein Inhaltsverzeichnis an, was unter welcher Nummer liegt. Die eingesparte Suchzeit ist um ein Vielfaches größer als die Zeit, die es benötigt, das Register zu schreiben. ”

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An diesem Tisch arbeitet ein ehemaliger Dozent für Informationstechnologie im Ruhestand an einem Roman und einem Drehbuch. Zu seinem Bild schreibt er: „Über alles lasse ich mit mir reden, aber nicht über den Schlafkorb für unseren Kater Struppi in der oberen rechten Ecke. ”
Jürgen Kurz: „Ein wichtiges Prinzip lautet „Gut ist, was Ihnen guttut”. In Firmen muss dieser Satz etwas eingeschränkt werden, denn ein Vertreter muss sich im Abwesenheitsfall zurechtfinden. Bei einem privaten Schreibtisch ist man natürlich völlig frei. Ich bin generell ein großer Freund davon, sich den Arbeitsplatz wohnlich einzurichten. Ich glaube nur, dass die vielen Kleinigkeiten auf diesem Tisch ihn nicht wohnlicher machen. Der Schlafkorb für den Kater ist eine sehr schöne Idee. Aber fördern die vielen anderen Dinge wirklich die Kreativität?
Besitzer könnte Sie versuchsweise mal in einen Karton neben den Schreibtisch legen. Nach und nach soll er dann die Dinge wieder zurückholen, die ihm konkret fehlen. Ich bin mir sicher, dass weit über die Hälfte der Dinge den Weg nie wieder aus dem Karton finden werden. Für alles, was nach zwölf Monaten noch im Karton liegt, gilt: mutig sein und wegwerfen oder verschenken. ”

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Hier arbeitet der Geschäftsführer eines Stahlbaubetriebs mit 14 Mitarbeitern, der schnell auf Nachfragen in jedem seiner Arbeitsbereiche – von der Angebotskalkulation über Kundenrückfragen bis hin zur Personalverwaltung – reagieren muss. Jürgen Kurz: „Das schnelle Sich-Einstellen auf wechselnde Dinge ist eine zentrale Herausforderung: Man arbeitet an einem Projekt – das Telefon klingelt, und der Gesprächspartner erwartet selbstverständlich, dass man sofort alles griffbereit hat. Das kommt vielfach am Tag vor und erzeugt Stress, egal ob die Unterlagen digital oder in Papierform gesucht werden müssen. Eine Grundsatzfrage: Muss alles über diesen Schreibtisch laufen? Könnten meine Mitarbeiter nicht selbst Informationen finden und Entscheidungen treffen? Jede Störung, die so vermieden wird, ist zum Wohle der Führungskraft, aber auch des Mitarbeiters, der selbstverantwortlicher und selbstbestimmter arbeiten kann. Am einfachsten ist es, gemeinsam mit einem Assistenten oder einer Assistentin aufzuräumen und Prozesse neu zu definieren. Zu zweit geht’s leichter; und er oder sie hat sicher auch gute Ideen, was wer vom Chef übernehmen könnte. ”

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In diesem Büro arbeiten Angestellte eines Immobiliendienstleisters. Jürgen Kurz kommentiert: „Ein wichtiges Ziel kontinuierlicher Verbesserung ist es, Rückfragen und Störungen durch Kollegen zu minimieren. Ein Stehtisch ist da eine sehr gute Investition. Zum einen ist es gesünder, zwischendurch aufzustehen – und man kann bei Besuchen oder Telefonaten den Arbeitsplatz wechseln. Man kann an seinem Schreibtisch alles so lassen, dass man nach der Störung sofort weiterarbeiten kann. Dazu ist es allerdings notwendig, dass der Stehtisch frei bleibt. Auch hier gilt das einfache Prinzip: Geben Sie allen Dingen eine Heimat. ”

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Eine Leserin schreibt zu diesem Bild: „Anbei (mit seinem Einverständnis) ein Foto des privaten Arbeitszimmers meines Mannes. Er startet immer wieder mal eine Aufräumaktion, aber nach kurzer Zeit sieht es wieder so aus, auch, weil er sich von vielen Dingen nicht trennen kann. Er leidet zum Teil selbst darunter, aber Unordnung stört ihn nicht annähernd so wie mich. Ein seit 23 Jahren ewig währender Konflikt in unserer Ehe. Er ist beruflich sehr erfolgreich, aber sein häusliches Arbeitszimmer betrete ich nur im Notfall. Kann ich die Hoffnung haben, dass Ihre Tipps das Problem wenigstens etwas verbessern? ”
Jürgen Kurz: „Schön ist, dass in einer 23-jährigen Ehe die Unordnung des Mannes keinen Schaden angerichtet hat. Das Wichtigste ist die Aussage `Er leidet zum Teil selbst darunter‘. Da müssen wir den Mann abholen. In einem ersten Schritt würde ich mal eine gemeinsame Aufräumaktion starten und die Schränke und den Raum durcharbeiten. Die Dinge wegwerfen, die er nicht mehr braucht. Die Dinge, bei denen er unsicher ist, in Kartons packen und mit Verfallsdatum beschriften. Wenn der Karton nicht bis… (z.B. ein Jahr später) geöffnet wird, kann er ohne Ansehen des Inhaltes entsorgt werden. Dann feste Regalplätze für Ordner schaffen. Das gemeinsame Aufräum-Event motiviert und geht schnller. Danach gemeinsam feiern: Wenn man sich für Ordnung belohnt, dann bleibt das positiv in Erinnerung. Im zweiten Schritt sollten Sie den Schreibtisch angehen. Räumen Sie nicht das komplette Büro an einem Tag auf, sondern in mehreren Schritten: zuerst alles, was auf dem Boden steht. Dann die Bücherregale. Dann den Schreibtisch. Der innere Schweinehund lässt sich zu einer kleinen Einheit leichter überzeugen als zum Komplettpaket. ”

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Dieser Leser schreibt: „Anbei ein Bild aus dem laufenden Geschehen. Da sollte sich genügend zur Beurteilung finden. ” Jürgen Kurz: „Das ist ein Paradebeispiel für das Denken der Menschen. Man glaubt, dass man alles auf dem Tisch haben muss (damit man nichts vergisst). Wenn ich bei meinen Schulungen danach frage, dann geben die Menschen aber zu, dass in den Papierstapeln durchaus etwas verloren gehen kann. Die erste Frage ist an dieser Stelle immer, ob man diese Dinge alle noch braucht. Falls ja, sollte man sie in ein Wiedervorlagesystem (den Pultordner 1-31, siehe Bild 1) einsortieren und dann die Nummern und Themen mit dem Kalender und der Aufgabenliste verknüpfen. Dann hat man nur eine Sache auf dem Tisch. ”

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Dies ist der Arbeitsplatz eines Konstruktionsleiters, der hier Blasformmaschinen entwirft und Dokumentationen schreibt. Jürgen Kurz: „Aus Sicht des Mitarbeiters ist das wahrscheinlich ein Positivbeispiel, denn es liegt relativ wenig auf dem Tisch. Der Arbeitsplatz sieht aber etwas steril aus. Ein wenig mehr Farbe und vielleicht ein paar Blumen können helfen. Im Zeitmanagement gibt es einen Spruch: Leertischler sind effizienter als Volltischler. Wenn jemand nur die Dinge auf dem Tisch hat, an denen er derzeit arbeitet, kann er sich besser konzentrieren. Das gilt auch für das Umfeld. Die Zettel an der Wand (obwohl sie sauber und ordentlich hängen) sind durch das periphere Sehen immer im Blickfeld. Man könnte die Zettel in ein Foliensichtbuch legen und stattdessen auch ein schönes Bild aufhängen. Ein Tipp zum Thema Schränke: Ganz oft sind in den Schränken Dinge, die man schon lange nicht mehr benötigt, und auf den Schränken stehen dann die Ordner, die man laufend braucht. Das kann man aber natürlich hier nur nach dem Foto nicht beurteilen. ”

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„Es hat sich einiges angesammelt, was dringend abgearbeitet werden muss”, schreibt der Leser zu diesem Bild. Jürgen Kurz: „Das mag auf den Tisch zutreffen – aber auch auf den Desktop. Ein Klassiker. Menschen übertragen bewährte Systeme auf die digitale Welt. In der analogen Welt hieß es: Lege alles auf den Tisch, damit du nichts vergisst. In der digitalen Welt liegt dann alles auf dem Desktop. Leider ist dann aber genauso wie im Analogen: Man verliert schnell die Übersicht und vergisst etwas. Digitaler Minimalismus ist auch ein großes Thema. Wie viele Apps und Programme braucht man wirklich? Im betrieblichen Umfeld gibt es in aller Regel große Überschriften zu Themen wie Aufgabenmanagement, Kalender, Wiedervorlage usw. Mein Vorschlag wäre hier, sich auf ein System zu konzentrieren. Das erleichtert das Ablegen und das Wiederfinden. Stellen Sie sich vor, Sie hätten zwei Kalender und müssten immer entscheiden, wo Sie was eintragen, wo Sie was finden usw. Das erzeugt mehr Stress als Nutzen. Auch für den digitalen Bereich braucht man ein gutes Ablagesystem. ”

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An diesem Schreibtisch arbeitet ein Webentwickler – und Teeliebhaber. Jürgen Kurz: „Die vielen Kleinigkeiten auf dem Tisch lenken unbewusst ab. Das kann man nicht verhindern. Das betrifft sowohl die Kleinigkeiten auf dem Tisch als auch die Tabellen an der Wand. Schön finde ich hier, dass es Platz für eine Pflanze und ein attraktives, emotionales Bild gibt. Der ganze Bereich mit dem Tee und der Ablageschale wird ja nicht laufend benötigt – das könnte man vielleicht in einen geschlossenen Schrank räumen. Der Stapel in der Ablageschale links unten bietet Potenzial, dass hier Dinge vergessen werden können. Da bietet sich ein Wiedervorlagesystem mit Direktzugriff auf jedes einzelne Projekt an. ”

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„So sieht leider mein Schreibtisch aus”, scheibt der Geschäftsführer einer Immobilienagentur zu diesem Bild. Jürgen Kurz: „Es wäre eine gute Idee, mal zwei bis drei Stunden lang alles Unnötige auszusortieren. Kein Organismus kann ohne systematische Entgiftung überleben. Unter der Situation zu leiden, ist aber schon mal ein guter Anfang, denn das ist die wichtigste Voraussetzung für die Bereitschaft, etwas zu ändern. Nach dem Aussortieren geben Sie allen Dingen eine Heimat. Vorbild: Die Besteckschublade in der Küche, in der man sich intuitiv zurechtfindet. In einer Schublade des Rollcontainers könnten die vielen Kleinigkeiten wie Salbe, Locher, Tacker untergebracht werden, die jetzt auf dem Tisch liegen. Der Schreibtisch sollte frei werden. Ein guter Anfang, um Schreibtischchaos in den Griff zu bekommen: Jeden Tag vor dem Feierabend fünf Minuten investieren und jeweils entscheiden: wegwerfen, einsortieren, digitalisieren. ”