Kölner Stadtanzeiger – Frühjahrsputz im E-Mail-Fach

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Spams, Newsletter, Gewinnspiele – eine Flut an E-Mails verstopft zunehmend unsere Postfächer. Alle ein bis zwei Jahre verdoppelt sich die Zahl der Mails. ksta.de zeigt, wie man sein Postfach sauber hält.

Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen geht es los: Die Fenster werden geputzt, die Terrasse gefegt, der Keller ausgemistet und selbst der Schreibtisch im Büro wird aufgeräumt. Beim großen Frühlingsputz lassen wir gewöhnlich nichts aus. Doch wehe der Computer wird hochgefahren. Denn die Gelegenheit, auch gleich Ordnung im überquellenden E-Mail-Postfach zu schaffen, nutzen die wenigsten.

Das wäre in vielen Fällen aber dringend nötig – denn in den meisten deutschen digitalen Briefkästen herrscht Chaos: „Anstatt unwichtige Mails direkt zu löschen und wichtige zu archivieren, werden alle Nachrichten monate- oder sogar jahrelang im Posteingang des Mail- Programms aufbewahrt”, sagt der Softwareentwickler und E-Mail-Experte Rainer Schulz. „Zum einen ist das vollkommen unübersichtlich und zwingt den Benutzer oft zu endlosem Scrollen, zum anderen belasten die unzähligen Mails die Server und verlangsamen die Antwortzeiten erheblich.”

Alle ein bis zwei Jahre verdoppelt sich die Zahl der Mails.

Verantwortlich für überquellende Postfächer und überlastete Mailserver ist neben dem falschen Umgang aber auch die immer stärker werdende Flut an E-Mails. Und zumindest daran wird sich wohl nichts mehr ändern: „Heutzutage haben wir es im Büro hauptsächlich mit zwei Problemen zu tun. Zum einen wird alles immer mehr, zum anderen immer schneller”, sagt Jürgen Kurz, Experte für Büroorganisation. „Die Menge an E-Mails verdoppelt sich durchschnittlich alle ein bis zwei Jahre.” Wenn einen Angestellten zurzeit im Schnitt 20 bis 30 Mails am Tag erreichen, werden es in drei bis vier Jahren über 100 sein, meint Kurz. Zudem habe man heute sehr viel größeren Zeitdruck: „Früher hat man ein Fax bekommen, ist zum Gerät gegangen, hat nochmals telefoniert, um den Eingang zu bestätigen und hatte dann meist einige Tage Zeit, um zu reagieren.” Bei E-Mails werde eine Antwort in der Regel innerhalb einer Stunde erwartet. „Dadurch entsteht in kürzester Zeit ein riesiger Berg unbearbeiteter E-Mails, den man vor sich herschiebt – und der dann einen unheimlichen psychischen Druck ausübt”, betont Kurz. Umso größer ist die Freude, wenn dieser Berg am Ende des Tages abgearbeitet ist.

Die Zeit, das Mail-Postfach regelmäßig aufzuräumen, nimmt sich aber kaum jemand. Und so wachsen Nachrichten, Newsletter, Einladungen und Lesebestätigungen mit der Zeit zu einer schier endlosen Liste. Doch davon, diese einfach irgendwann zu löschen, raten die Experten dringend ab. Denn auch der Frühlingsputz im E-Mail-Fach will gelernt sein. „Wenn der Posteingang so überfüllt ist, hilft es nur, ihn Mail für Mail durchzugehen und nur die Nachrichten zu löschen, die man wirklich nicht mehr benötigt”, erklärt Rainer Schulz, Geschäftsführer der Softwarefirma Globolog. „Man darf nicht vergessen, dass es sich bei vielen Mails um elektronische Geschäftsbriefe handelt.” Und die müssen mindestens sechs Jahre lang aufbewahrt werden. Allerdings nicht im Posteingang: „Es ist sinnvoll, solche Mails auf der Festplatte zu speichern, indem man sie einfach mit der Maus in einen entsprechenden Ordner im Explorer zieht”, sagt Schulz. „Die Originalmail kann dann bedenkenlos aus dem Mail-Programm gelöscht werden.”

E-Mails sind zum Zeitfresser geworden

Mit Hilfe von unterschiedlichen Ordnern ist es so möglich, die Mails je nach Betreff auf dem Computer zu sichern. „Die Archivierung auf der Festplatte hat zum Vorteil, dass die Server entlastet werden, sich somit die Antwortzeiten verringern und man, wenn man tatsächlich noch einmal eine Mail braucht, diese schneller findet”, so Kurz. Darüber hinaus gelte für das Mail-Postfach das Gleiche wie für den Schreibtisch: „Wenn Ordnung herrscht, kann ich mich auf das Wesentliche konzentrieren.”

Am besten sei es daher, den E-Mail-Frühlingsputz von vornherein überflüssig zu machen. Und das ist offenbar gar nicht so schwer: „Man sollte sich bei jeder Nachricht die Frage stellen, ob man antworten muss. Wenn nicht, die Mail sofort löschen oder archivieren”, rät der Experte. „Wenn man die Mail nur einige Zeit speichern möchte, verschiebt man sie sofort in den Papierkorb.” Dann ist sie zwar nicht mehr in der normalen Übersicht gelistet, aber immer noch greifbar.

Von Zeit zu Zeit können im Papierkorb dann alle Dateien gelöscht werden, die beispielsweise älter als zwei Monate sind. „Außerdem sollte bei jeder Nachricht darauf geachtet werden, ob ich als Empfänger oder unter CC geführt bin”, meint Rainer Schulz. In aller Regel ist man als CC-Empfänger nämlich nicht zum Handeln aufgefordert, sondern die Mail dient lediglich der Information. Das bedeutet, die Mail kann sofort gelöscht und, falls sinnvoll, archiviert werden. „So sollte man das auch mit den Mails machen, die man empfangen und bereits bearbeitet hat.”

Netzwerke als Nachfolger für Mail-Dienste

Doch ganz gleich, wie wir mit der täglichen Flut an E-Mails umgehen, fest steht: Sie stellt zunehmend einen „Zeitfresser” dar. Wichtig sei es daher, auch sei sein eigenes Mail-Verhalten zu überdenken, meint Jürgen Kurz: „Zum einen sollte man auf unnötige Absicherungsmails gegenüber Vorgesetzen verzichten und Mails mit Witzen oder sonstigem zweifelhaften Inhalt nicht an seine 100 besten Freunde weiterleiten”, sagt Kurz. „Ein Witz ist zwar immer nett, aber man muss in Betracht ziehen, dass der Empfänger in der Regel weitere 100 Freunde hat, die ihm ebenfalls etwas schicken.” Auf der anderen Seite können wir uns heute ein Arbeiten ohne E-Mails gar nicht mehr vorstellen. Denn schließlich haben sie nicht nur Nachteile: „Sie ermöglichen einen schnellen Informationsfluss zu einem oder mehreren Gesprächspartnern, Informationen können dem Empfänger auch bei Abwesenheit zugestellt werden, der Adressat entscheidet über den Zeitpunkt der Zustellung und den Ort – zum Beispiel können Mails über W-Lan überall abgerufen werden – und die Zustellung der Information unterbricht den Arbeitsablauf des Empfängers nicht wie zum Beispiel ein Telefonanruf”, sagt Kurz.

Laut einigen Experten wird der elektronische Postverkehr per E-Mail allerdings in Zukunft aussterben. Denn bereits jetzt werde dieser gerade von der jüngeren Generation immer mehr durch andere Webanwendungen wie mobile Textdienste und soziale Netzwerke ersetzt. Gründe dafür seien unter anderem die Angst vor Viren und die steigende Zahl an Spam-Mails. Aber auch wenn das wirklich eintreten sollte, eines ist sicher: Ordnung halten muss man in diesen Postfächern auch.

Fünf Tipps: So gehen Sie richtig mit E-Mails um:

1. Bearbeiten Sie Mails nicht ständig, sondern ein- bis zweimal am Tag zu bestimmten Zeiten (zum Beispiel vor der Mittagspause und abends bevor Sie nach Hause gehen). Sofern Ihr System bei jeder eingehenden Mail eine Eingangsmeldung von sich gibt (egal ob akustisch oder optisch), schalten Sie diese am besten aus, um nicht ständig gestört beziehungsweise erinnert zu werden.

2. Wenn Sie Mails abrufen und die Beantwortung einer Mail weniger als fünf Minuten beansprucht, dann antworten Sie sofort. Ansonsten planen Sie die Erledigung der Aufgabe und tragen Sie den Termin in Ihr Zeitplanbuch bzw. Ihr elektronisches Planungssystem ein.

3. Verwenden Sie eine Betreffzeile, die einen klaren Hinweis auf den Inhalt gibt (zum Beispiel Erbitte Terminverschiebung für Treffen am 21.06.; Kann ich Beamer am 23.05. ausleihen?) Oft ist Ihr Lohn dafür, dass Sie schneller eine Antwort bekommen. Eventuell sollten sogar Anlassbeschreibungen verwendet werden wie zum Beispiel zur Information, zur Entscheidung, zur Erledigung, zur Terminabklärung.

4. Sofern Sie regelmäßig an Diskussionsforen teilnehmen oder sich zahlreiche Newsletter schicken lassen, legen Sie sich unbedingt eine zweite E-Mail-Adresse zu. Ihre Hauptadresse bleibt dann von Werbemails und ähnlichem verschont.

5. Schreiben Sie, wenn möglich, kurze Mails mit nur einem Thema pro Mail. Ihr Gegenüber kann so schnell antworten und Sie bekommen in der Regel früher eine Antwort. Wenn Sie fünf Punkte in einer Mail zusammenfassen, dann beantwortet Ihr Partner die Mail oft erst dann, wenn er alle Antworten parat hat.

Eine Übersicht der wichtigsten gesetzlichen Aufbewahrungsfristen gibt es im Internet unter:
www.büro-kaizen.de