healthstyle – Den eigenen Rhythmus finden

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Entspannt verändern | Kleine Veränderungen bewirken eine messbare Entlastung

Wir sind digital vernetzt, smart ausgestattet und ständig auf Empfang. Das macht unser Leben faszinierend, fordert uns aber auch mehr; wir möchten nichts verpassen. Dabei spüren wir kaum noch unseren eigenen Rhythmus. Das hat fatale Folgen für Körper und Seele; Burn-out und Stresskrankheiten nehmen seit Jahren zu. Doch wie kehren wir den Prozess um?

Privat befinden sich immer mehr Menschen auf der Suche nach weniger: weniger Konsum, weniger Aktivitäten, weniger digitale Erreichbarkeit. Sie legen Wert auf Nachhaltigkeit und Schonung der Ressourcen. So entwickelt sich wieder ein Gefühl für die Zeit; wir entschleunigen und entspannen, erlernen Achtsamkeitsmethoden und Atemtechniken.

In der Geschäftswelt sieht es häufig anders aus: Hier steigt der Druck auf Führungskräfte und ihre Mitarbeiter; auch die Selbstausbeutung der Freiberufler nimmt zu – alles im Namen von Existenzsicherung und Entwicklung. Entschleunigung scheint hier nicht zu funktionieren; das Pensum wächst rasant und die Überstundenkonten vieler Menschen ebenfalls. Es ist höchste Zeit, auch hier neue Wege zu gehen.

Schon kleine Änderungen im System ersparen Zeit und bewirken eine messbare Entlastung. Im Büro-Kaizen® geht es genau darum: Prozesse so zu steuern, dass alle Dinge ihren Platz haben und Abläufe nach sinnvollen Spielregeln vonstattengehen. Das entlastet die Ressourcen und ermöglicht nachhaltigen Erfolg.

Viele Methoden in Büro-Kaizen® funktionieren für den geschäftlichen und den privaten Bereich. Sie kosten kaum Geld und meist nur wenig Zeit, doch dieser Einsatz rentiert sich schnell. Wenn Sie Lust haben, Ihr Leben zu vereinfachen, können Sie mit einem der folgenden Tipps beginnen.

Entsorgen ohne Sorgen

Ob Schreibtisch oder Kleiderschrank: Wir neigen oft dazu, unnötige, veraltete oder defekte Dinge aufzubewahren. Das kostet nicht nur Platz, sondern blockiert auch die Übersicht. Im Schreibtisch zum Beispiel sammeln sich gern doppelt vorhandene Locher oder defekte Stifte an. Und viele von uns lieben schnelle
Notizen auf kleinen Zetteln, die jedoch später im Gewimmel der Dinge untergehen. Also heißt es zuerst, das Überflüssige auszusortieren:

Leeren Sie zuerst Ihre Schreibtischplatte, dann die Schubfächer, dann die Regale und Schränke. So geht’s:
1. Alles, was Sie sofort entsorgen wollen, legen Sie an einen Platz.
2. Alles, was Sie weitergeben möchten, sammeln Sie an einer anderen Stelle. Wenn Sie schon wissen, wer die Dinge gebrauchen kann, befestigen Sie einfach kleine Namensschildchen daran. In Unternehmen gibt es häufig einen Platz, an dem doppelt vorhandene Dinge abgelegt werden; wer etwas davon braucht, nimmt es sich.
3. Von den Notizzetteln behalten Sie nur die aktuellen.
4. Bei manchen Dingen sind Sie vielleicht noch unentschlossen: Behalten oder entsorgen?

Hier bewährt sich das Wegwerfen auf Probe: Bestimmen Sie eine Aufbewahrungszeit, zum Beispiel sechs Monate. Legen Sie die Dinge in einen extra Karton, obenauf kommt ein Inhaltsverzeichnis. Außen auf den Karton kleben Sie ein Schild: „Wenn dieser Karton bis zum (Datum eintragen) noch verschlossen ist, dann ungeöffnet entsorgen.”

Jetzt bleiben nur noch Dinge übrig, die Sie wirklich benötigen. Geben Sie diesen je nach ihrem Zweck einen festen Platz.

Den Dingen eine Heimat geben

Wenn Sie gerade an einer Aufgabe arbeiten – vielleicht in der Küche oder am Schreibtisch – wollen Sie alles mit einem Griff finden.

Nerviges Suchen entsteht meist, wenn die Gegenstände keinen festen oder keinen geeigneten Platz haben.

Deshalb lautet das Herzstück von Büro-Kaizen®: „Den Dingen eine Heimat geben.” Das bedeutet, alles erhält seinen festen Platz.

Die folgenden drei Punkte gelten für alle Bereiche. In Ihrem Büro würde das so aussehen:
► Dinge, die Sie täglich benötigen, legen Sie so nah an Ihrem Arbeitsplatz ab, dass sie mit einer einzigen Bewegung greifbar sind. Dazu gehören zum Beispiel Stifte, Locher oder Büroklammern.
► Alles, was Sie regelmäßig brauchen – zum Beispiel Unterlagen zu laufenden Projekten – deponieren Sie in Schreibtischnähe, also etwa in einem Schrank oder Sideboard.
► Gegenstände, die Sie nur selten nutzen – wie Ordner mit Bilanzen und abgeschlossenen Projekten – können Sie weiter entfernt aufbewahren.

Legen Sie das jeweilige Material nach Gebrauch wieder an seinen Platz zurück. Hierfür hat sich das Kennzeichnen der einzelnen Fächer, zum Beispiel mit Etiketten, bewährt.

Nehmen Sie nun die Zettel mit den schnellen Notizen zur Hand. Übertragen Sie Termine in Ihren Kalender, häufig benötigte Informationen wie Kontaktdaten in eine Folienmappe, Projektentwürfe in einen Ideen-Ordner. Nutzen Sie bei letzterem Zwischenblätter für bessere Übersicht. Legen Sie in die Folienmappe und in den Ideenordner jeweils ein Inhaltsverzeichnis, um Informationen schneller zu finden. Kontaktdaten beispielsweise werden Sie öfter benutzen.

Mit der so geschaffenen Ordnung haben Sie alles Benötigte sofort zur Hand und können Ihre Arbeit ungestört ausführen.
sofort zur Hand und können Ihre Arbeit ungestört ausführen.

Der perfekte Lesestapel

Wir leben im Informationszeitalter – inspirierend und fordernd zugleich. Die Anregungen springen uns entgegen aus unseren Zeitschriften, aus spannenden Internetseiten und aktuellen Prospekten: Lies mich, ruft jedes einzelne. Später, sagen wir, vielleicht morgen – und legen die Zeitschrift und den Internet-Ausdruck auf einen Stapel – unseren Lesestapel.

Dieser wächst und belegt erst ein Regalfach, dann ein zweites und schließlich drängeln sich die Lesematerialien zwischen den Grünpflanzen auf der Fensterbank. Denn tatsächlich schaffen wir es nicht, das angesammelte Pensum zeitnah aufzunehmen und zu verarbeiten. Hier hilft ein System, das sich selbst begrenzt – und etwas Mut zum Loslassen:
1. Bestimmen Sie ein Fach im Schrank oder Regal, das nach oben hin eine Begrenzung hat.
2. Legen Sie die aktuellen Materialien hinein. Alle anderen werden entsorgt.
3. Stapeln Sie neu eingetroffene Zeitschriften oder Internet- Ausdrucke darauf.
4. Versorgen Sie sich aus diesem Fundus mit Lesestoff für Zugfahrten und Wartezeiten. Beim Lesen markieren Sie die interessanten Stellen mit einem kräftigen Stift. Ordnen Sie diese zeitnah in Ihre Arbeitsmaterialien ein. Den Rest werfen Sie weg.
5. Erreicht der Stapel nach einer gewissen Zeit seine obere Grenze, ziehen Sie einfach die untersten Materialien heraus und entsorgen diese ganz mutig, ohne sie noch einmal durchzublättern. Bedenken Sie: Was Sie bis jetzt nicht gelesen haben, passiert dann auch in den nächsten Wochen nicht.

Damit die Methode wirkt, führen Sie nur einen einzigen Lesestapel, legen Sie unter keinen Umständen einen weiteren an.

Falls Ihnen das Entsorgen der Materialien schwerfällt, halten Sie sich dies vor Augen: Wir können nicht alle Informationen aufnehmen und verarbeiten, dafür sind es einfach zu viele. Aufgrund unserer schnelllebigen Zeit überholen sich manche Aussagen schon nach wenigen Monaten von selbst. Und viele Themen werden Ihnen an anderer Stelle wieder begegnen. Sie verlieren also nichts.

Checklisten für einen freien Kopf

Der Einkauf am Wochenende, der Koffer für den Urlaub und die Utensilien für das monatliche Meeting: Für diese und ähnliche Vorgänge, die immer wieder anstehen, eignet sich eine Checkliste. Checklisten entlasten unseren Kopf, indem sie Abläufe automatisieren. So vermeiden sie, dass uns Fehler unterlaufen, was uns wiederum eine Zeitersparnis bringt.

Checklisten eignen sich für viele Aufgaben:
► Routinetätigkeiten
► Dinge, die vollständig erledigt werden müssen
► komplexe Sachverhalte, die regelmäßig wiederkehren
► Angelegenheiten, die Sie an jemand anders übergeben

Und so erstellen Sie eine Checkliste:
► notieren Sie alle Elemente einer Aufgabe
► bringen Sie diese in die richtige Reihenfolge
► platzieren Sie nach jedem Punkt ein Kästchen zum Abhaken
Sie können die Listen in Word oder Excel erstellen und bei Bedarf ausdrucken. Das funktioniert auch mit OneNote, einem Tool von Microsoft Office. Damit lassen sich Checklisten erstellen und sammeln, sodass Sie von jedem Gerät aus darauf Zugriff haben. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Listen mit anderen Menschen zu teilen – eine beliebte Funktion bei Familien und beruflichen Teams.

Halten Sie die Checklisten aktuell und passen Sie Änderungen zeitnah an.

Die Konzentration verbessern

Das Ping einer eingehenden E-Mail oder das Klingeln des Smartphones – schon eine Ablenkung von weniger als drei Sekunden verdoppelt unsere Fehlerquote. Das stellte Erik Altmann fest, Psychologe an der Michigan State University. Er untersuchte an 300 Studienteilnehmern, wie sich kurze Ablenkungen auf das Lösen von Aufgaben am Computer auswirkten.

Ergebnis: Die Probanden mit den kurzen Störungen machten doppelt so viele Fehler wie die ungestört arbeitende Kontrollgruppe. Außerdem gerieten die abgelenkten Teilnehmer unter Stress.

Dieses Ergebnis spricht – entgegen früheren Untersuchungen – klar gegen das Praktizieren von Multitasking, also das parallele Bearbeiten von mehreren Aufgaben.

Das gilt nicht nur im Beruf, sondern auch privat. Denn auch hier wird die Konzentration auf eine spannende Lektüre oder ein intensiver Gedankenaustausch durch Ablenkungen messbar gestört. Manche davon sind vermeidbar. Die Signale von Smartphone und Computer können Sie über die Funktion „Einstellungen” leicht deaktivieren.

Prioritäten in Portionen

Vor einer Fülle von Aufgaben stehend, wissen wir manchmal nicht, wo wir anfangen sollen. In diesem Fall hilft uns die Einteilung in Prioritäten.

Hierfür bilden Sie vier Kategorien:
A: Wichtig und dringend. Diese Aufgabe erledigen Sie kurzfristig.
B: Wichtig, aber nicht dringend. Für diese Aufgaben merken Sie sich jeweils einen Termin vor.
C: Dringend, aber nicht wichtig. Diese Aufgaben können Sie abgeben oder nach den Aufgaben der Gruppe A erledigen.
D: Nicht wichtig und nicht dringend. Diese Aufgaben schieben Sie am besten nach hinten oder streichen sie.

Und was, wenn Sie mehrere Aufgaben der Kategorie A haben? Dann stellen Sie sich vor, heute nur eine einzige auszuführen. Welche wäre das? Genau diese ist Ihre Nummer eins. So finden Sie die Reihenfolge Ihrer Erledigungen.

Kreisen Ihre Gedanken manchmal um ein bestimmtes Thema? Ein möglicher Grund dafür wäre: Wir sind so gestrickt, dass wir begonnene Tätigkeiten auch beenden wollen. Das fand die Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik an der Universität Berlin heraus. Müssen wir unser Tun unterbrechen, bleibt der Verstand daran hängen; nur schwer schaltet er auf ein anderes Thema um. Das führt oftmals dazu, dass wir Probleme mit in den Schlaf nehmen. Passiert das häufiger, fühlen wir uns langfristig unzufrieden. Die Lösung heißt hier, größere Aufgaben zu portionieren. So erzielen wir jeweils ein Zwischenergebnis und können das Thema gedanklich loslassen.

Entspannt verändern

Die bewusste Aufgabenplanung birgt noch einen weiteren Vorteil: Bei spontanen Anfragen bitten Sie sich Bedenkzeit aus, um zu schauen, ob Sie wirklich zu- oder ehrlicherweise absagen. Anfangs fällt es Ihnen vielleicht etwas schwer, doch oft gibt es eine alternative Lösung. Machen Sie sich bewusst, dass auch das Neinsagen Sie Ihrem eigenen Rhythmus näherbringt.

Alle hier beschriebenen Methoden lassen sich im persönlichen und beruflichen Bereich anwenden. Meine Empfehlung lautet, dass Sie mit der Veränderung beginnen, die Ihnen am leichtesten fällt. Gehen Sie dabei entspannt vor und beobachten Sie neugierig die Veränderungen.

Jürgen Kurz