Centaur ROSSMANN – Tabula Rasa

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Sie haben vergessen, welche Farbe Ihre Schreibtischplatte hat, weil sich darauf seit Jahren das Papier meterhoch stapelt? Die Rollcontainer sind voll mit Kulis, Büroklammern, Lochern und Tackern, und trotzdem finden Sie nie das, was Sie gerade benötigen? Sämtliche Unterlagen Ihres aktuellen Projekts sind auf dem Fußboden ausgebreitet, weil auf dem Tisch kein Platz mehr ist? Sollten Sie nur eine der drei Fragen mit „ja“ beantwortet haben, heißt es schleunigst aufräumen. Aber bitte mit System! Deutschlands wohl bekanntester Ordnungsberater und Aufräumexperte, Jürgen Kurz, verrät, wie das geht.



Es gibt vielleicht nur einen Ort auf dieser Welt, an dem ist wirklich alles in bester Ordnung: und zwar in der Besteckschublade in der Küche: Messer, Gabeln, Esslöffel, Teelöffel oder Kuchengabeln – jedes Utensil hat seinen festen Platz dank praktischem Besteckeinsatz. Übersichtlich, strukturiert, jederzeit griffbereit. Ein Fach weiter herrscht dagegen das blanke Chaos. Soßenkellen, Rührlöffel, Korkenzieher, Dosenöffner – hier wirbelt alles wild durcheinander. Ist der Bratenwender endlich gefunden, ist das Fleisch längst angebrannt. Problem: Zu viel unterschiedlicher Krimskrams. Am Arbeitsplatz sieht es bei den meisten von uns nicht viel anders aus als in der Schneebesen-Schublade: Da stapelt sich oft das Papier von Monaten. Briefe, Rechnungen, alte Zeitschriften und Werbung, Aktenordner und Bücher türmen sich auf zu ungewollten Schutzwällen. Dazwischen halbvolle Kaffeetassen, und am Computerbildschirm kleben gelbe und pinke Erinnerungszettel, die dort nun auch schon so lange hängen, dass keiner mehr Notiz von ihnen nimmt. Warum eigentlich? Wie kommt es, dass wir in der Besteckschublade Ordnung halten können, dem Durcheinander auf unserem Schreibtisch aber selbst nach wiederholten Aufräum- und Ausmistaktionen einfach nicht Herr werden? „Weil uns das System fehlt, das wir in der Besteckschublade haben“, weiß Jürgen Kurz, Deutschlands wohl bekanntester – und erfolgreichster – Aufräumexperte, der schon bei so manchem marktführenden Unternehmen Ordnung in die Büros gebracht hat. Spätestens mit dem Bekanntwerden der Ergebnisse einer Studie des Frauenhofer Instituts dürfte das Interesse von Firmenchefs an der Etablierung gewisser Büroregeln gestiegen sein. Die Studie zeigte nämlich, dass Mitarbeiter in deutschen Unternehmen etwa ein Drittel ihrer Arbeitszeit mit dem Suchen von Unterlagen, Akten oder Büromaterial vergeuden. Wertvolle Zeit, in der nicht gearbeitet wird, und die ein Unternehmen auf Dauer teuer zu stehen kommt.

„Einmal aufräumen – und dann nie wieder“, verspricht Jürgen Kurz den Teilnehmern in seinen Seminaren. Und tatsächlich dürfen sich Dank ihm und der von ihm angewendeten Kaizen-Methode heute viele ehemalige „Volltischler“ „Leertischler“ nennen.
„’Kai’ bedeutet auf Japanisch Veränderung“, erklärt Kurz, „und ’Zen’ heißt frei übersetzt ’zum Guten’. Meine Teilnehmer erarbeiten sich also kontinuierlich, Schritt für Schritt ein System, welches sie langfristig dabei unterstützt, Ordnung zu halten“. Wers geschafft und endlich „tabula rasa“ gemacht hat, erlebt ein ganz neues Gefühl bei der Arbeit.

Viele Ex-Volltischler sind begeistert, wie befreiend es sich anfühlt, nur noch eine statt hundert Sachen auf dem Tisch zu haben. „Man ist weniger abgelenkt, hat alles im Blick und kann sich viel besser auf dieses eine Projekt konzentrieren“, erklärt Jürgen Kurz, „Man arbeitet schneller, effizienter und entspannter.“ Worin aber liegt denn nun das Geheimnis ewiger Ordnung? Tipps hat der Aufräum-Profi eine Menge auf Lager. Kurz aber bringt es den Punkt: „Wenn du allen Dingen eine Heimat gibst, kann nicht mehr rumliegen“, prophezeit er. Prägnant, einleuchtend – (K)urz eben.




4 FRAGEN an JÜRGEN KURZ

Der Aufräum-Experte Jürgen Kurz berät, schult und unterstützt seit vielen Jahren Firmen und ihre Mitarbeiter im Kampf gegen das Büro-Chaos


Zeig mir deinen Schreibtisch, und ich sage dir, wer du bist! Herr Kurz, können Sie beim Anblick eines Schreibtischs auf den Charakter seines Besitzers schließen?

Nein, eine Typologie funktioniert hier nicht. Übrigens gibt es auch zwischen Männern und Frauen keinen Unterschied, wie man vermuten könnte: Frauen-Schreibtische sind nicht aufgeräumter als Männer-Schreibtische.


Die meisten kennen das: Kaum hat man den Schreibtisch aufgeräumt, sieht er nach nur kurzer Zeit wieder genauso aus. Woran liegt das?

Viele Berufstätige haben Angst, sie könnten etwas vergessen oder übersehen, wenn sie die Unterlagen von laufenden Projekten in die Schublade packen. Dabei verhält es sich genau umgekehrt: In einer gestapelten Zettelwirtschaft geht viel mehr unter als in der Schublade. Die muss einfach nur gut organisiert sein.

Haben Sie konkrete Tipps, wie ich meinen Schreibtisch dauerhaft frei halte?

Besorgen Sie sich ein Hängeregister oder einen Pultordner. Die 31 durchnummerierten Fächer lassen sich auseinanderziehen wie ein Akkordeon. Ordnen Sie jedes Projekt in je ein Fach ein und legen Sie ein Inhaltsverzeichnis mit Datum an. Ist ein Projekt erlegt, legen Sie alle dazugehörigen Unterlagen ab oder lösen das Fach auf. Gleiches gilt für Ihre virtuellen Dokumente und Ihr elektronisches Postfach. Arbeiten Sie mit einem strukturierten Ordnersystem und verwenden Sie Regeln bei eingehenden E-Mails. Diese werden dann vorsortiert, sodass der Posteingang nicht mehr überflutet wird. Generieren Sie aus E-Mails Aufgaben und Termine und pflegen Sie in ein Wiedervorlagesystem ein. Verknüpfen Sie Ihren Kalender mit Ihrem Mappensystem, so haben Sie alle Unterlagen zusammen und müssen nie wieder suchen, wenn ein Kunde anruft und rasch Auskunft über ein bestimmtes Projekt wünscht.

Apropos Schneebesen-Schublade: Und was, wenn sich manche Dinge einfach in kein System einordnen lassen?

Für alle findet sich ein Platz. Manchmal muss man dann einfach um die Ecke denken und sich vom Aufbewahrungsort lösen. Ein Schneebesen kann zum Beispiel auch an einer Wandstange gut aufgehoben sein.




Franziska Brettschneider


Mehr nützliche Tipps von Jürgen Kurz auf www.buero-kaizen.de.