WELT ONLINE – Aufräumen befreit die Seele

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Warum fällt es vielen so schwer, Ordnung im Büro zu halten?

Einer der Gründe liegt darin, dass Menschen heute im Durchschnitt an 20 bis 30 Projekten und Aufgaben gleichzeitig arbeiten. Die Leute möchten alles, was sie noch erledigen müssen, in Form von Papierablagen im Blick behalten. Sie erhoffen sich eine Art Transparenz in Bezug auf ihre Aufgabengebiete, wenn sie sich mit Papierstapeln umgeben. Diese Transparenz bleibt eine Illusion, stattdessen schlagen die unaufgeräumten Schreibtische den Leuten aufs Gemüt. Das Gleiche gilt übrigens für den E-Mail-Eingang: Wenn sich 20 oder 30 unbeantwortete Mails darin befinden, wächst das Unbehagen.

Ist der Sinn für Ordnung nicht vor allem typbedingt?

Selbstverständlich gibt es Menschen, denen es leichter als anderen fällt, Ordnung zu halten. Das Wichtigste aber ist: Jeder Mensch ist in der Lage, ordentlicher zu werden.

Wie kann man es schaffen, mehr Struktur in die eigenen Arbeitsunterlagen zu bringen?

Wer mir erklärt, dass er hoffnungslos unordentlich ist, den frage ich zunächst, wie es in seinen Küchenschubladen aussieht. Die meisten berichten, dass sich die Schublade mit Kartoffelstampfer und Schneebesen in einem leicht chaotischen Zustand befindet, während die Besteckschublade mit den festen Fächern für Löffeln, Gabeln und Messern ganz prima aussieht. Diese Einsicht lässt sich auch auf den Arbeitsplatz übertragen. Jedes Ablagesystem braucht eine feste Struktur, die vorgibt, wo Papiere und andere Dinge ihren Platz finden. Entscheidend ist, dass Ablagesysteme individuell an die Mitarbeiter und an die speziellen Erfordernisse des Jobs angepasst werden. Ein Schema F gibt es nicht.

Was hilft einem, die guten Vorsätze auch tatsächlich durchzuhalten?

Wenn tatsächlich ein nachvollziehbares Ordnungssystem geschaffen wurde, fällt es den meisten Menschen leicht, Ordnung zu halten. Sie sind erleichtert, weil es endliche eine Struktur in ihren Arbeitsunterlagen gibt. Meist beraten wir Abteilungen, in denen etwa 15 Menschen arbeiten. Wenn wir nach ungefähr einem Jahr die Firmen erneut aufsuchen, dann zeigt es sich, dass die meisten der Schreibtische noch genauso aussehen, wie wir es gemeinsam erarbeitet haben. Interessant ist dabei auch, dass sogar Mitarbeiter, die später zu dem Team gestoßen sind, die vorhandenen Ordnungsstrukturen übernehmen. Die Zeitersparnis für die Teams ist enorm.

Welche Wirkung hat ein aufgeräumter Schreibtisch auf die Psyche?

Wer seinen Schreibtisch von unnötigem Ballast befreit, befreit auch die Seele. Papierstapel signalisieren, dass man seine Aufgaben nicht im Griff hat und dass die Arbeit des Tages nicht erledigt ist. Menschen, die einen aufgeräumten Schreibtisch hinterlassen, können unter anderem auch entspannter in den Feierabend starten.