PT-Magazin – Ende des großen Suchens

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Tipps für Übersicht auf fremden Schreibtischen


Göppingen (jg) – Jeder Büroarbeiter hat seine eigene Ordnung.
Nur was, wenn einer krank wird? Dann sucht der vertretende Kollege lang und manchmal vergeblich nach den Unterlagen. Seit Jürgen Kurz, Deutschlands Aufräumer Nummer eins, beim Büromöbelhersteller Sitag war, wurden einige Anregungen umgesetzt, um strukturierten zusammen zu arbeiten.

So wurde in Outlook eine durchnummerierte Projektliste angelegt, die der Ablage im Hängeregister entspricht. Unter „Eins“ liegen etwa alle aktuellen Werbemittel. Seitdem haben vertretende Kollegen einen schnellen Überblick und greifen zielgenau auf die Unterlagen zu.

„Ich arbeite gerne an einem aufgeräumten Schreibtisch“, sagt Marketing-Assistentin Carolin Hofmann, „alles andere stört die Konzentration.“ Kurz, dessen Buch „Für immer aufgeräumt“ lange auf Platz eins der Financial-Times-Hitliste stand, kann das nur bestätigen: „Wir werden von Firmen engagiert, die bereits ein Bewusstsein für das Thema entwickeln.“

Trotzdem verspricht der 48-jährige Betriebswirt Firmen, die seinen Vorschlägen konsequent folgen, 20 Prozent mehr Effizienz. Zumindest haben Fraunhofer-Forscher herausgefunden, dass Post-its am Bildschirm und zu viele Papierstapel auf der Arbeitsfläche unproduktiv sind: Bis zu 70 Tage im Jahr verbringen Verwaltungskräfte mit dem Suchen von Unterlagen.

Ordnung in 7 Schritten

Zunächst fotografieren der Aufräumexperte und sein Beraterteam alle Arbeitsplätze. Das schafft die nötige Distanz zum eigenen Schreibtisch. Als erstes kommt ein Posteingangskorb auf den Tisch, den alle nutzen sollen, damit die Fläche freibleibt. Damit der am Abend leer ist, müssen die Aufgaben sortiert, delegiert und terminiert werden.

Zweiter Schritt: Lesestapel ausmisten. Monatealte Fachzeitschriften drücken aufs Gemüt. „Da bin ich rigoroser geworden und entsorge eher“, erzählt die Marketing-Frau.

Dritter Schritt: Alle Zettel mit wichtigen Telefonnummern oder Informationen gehören in ein Foliensichtbuch – so finden sich auch die Kollegen schnell zurecht.

Vierter Schritt: Alle Büroutensilien an ihren Platz. Stifte und Schere in die oberste Schublade. Locher, Tacker und Tesa in die nächste darunter.

Fünfter Schritt: Auf den Tisch gehören nur die Unterlagen, an denen gearbeitet wird. Alle anderen Projekte sollten in einem Wiedervorlagesystem in einem Rollcontainer abgelegt sein.

Sechster Schritt: Für gemeinsame Projekte legt das Team Ablageorte und –systeme zusammen fest. Das erhöht die Akzeptanz und vor allem die Einhaltung der Spielregeln.

Siebter Schritt: Aufgaben und Projekte mit einem Zeitplanbuch oder elektronischem Planer verbinden. So geht kein Termin mehr verloren und man kann entspannt in den Feierabend gehen.

Volle Altpapiertonne, leerer Arbeitstisch

Auch der XXL-Logistiker Rüdinger hat ausgemistet, um noch effektiver zu arbeiten. Nach der Fototour und der Theorie gingen der Chef Roland Rüdinger und elf Mitarbeiter am Nachmittag an die Schränke und Schreibtische. „Es geht nicht darum, jemanden bloß zu stellen“, betont der Effizienzexperte Kurz, vielmehr sollen die Leute erkennen, dass in jedem Schreibtisch Optimierungspotenzial steckt.

Und das wurde gehoben: Schnell füllen sich Altpapiertonnen, alte Ordner wandern ins Archiv, Tacker, Tesa und Terminmappen bekommen einen festen Platz. Dabei hilft Kurz den Krautheimer Logistikern und IT-Spezialisten vor allem, sich selbst zu organisieren. Schließlich sollen deren Arbeitstische dauerhaft leer bleiben. Das spart Zeit und somit Geld für die auf sensible und sperrige Güter spezialisierten Spedition.

Je länger die Aufräumaktion dauert, desto mehr ist den Logistik-Beschäftigten die Erleichterung anzumerken. Zusehends weicht die anfängliche Skepsis. „Die Aktion hilft, meinen Arbeitstag durchgängig zu strukturieren“, sagt eine Teilnehmerin. Vom Ergebnis sind alle beeindruckt: Drei hüfthohe Metallgitterboxen stehen auf dem Firmenhof, gefüllt mit Papier, Ordnern, Plastikschalen und Elektroschrott, der am Morgen noch Flure versperrte.

Chef Rüdinger bilanziert: „Bisher kannte ich Verbesserungsprozesse nur aus Werkshallen – dass wir in Büros auch effektiver arbeiten können, ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genial.“

Jedes Team hat eigene Regeln

Auch in den Büros der Sitag, die ergonomische Büro- und Konferenzstühle sowie Systemmöbel herstellt, ist trotz bereits bestehender Regeln eine „optische Veränderung“ festzustellen, sagt Carolin Hofmann. Der Tag mit dem Aufräumer hat die Verwaltung vom Azubi bis zum Chef motiviert, etliche Anregungen umzusetzen. „Es gibt keine vorgegebene Ordnung“, sagt Kurz, jedes Team müsse sich eigene Regeln schaffen. Mit intelligenten Systemen, wie den sieben Schritten zum für immer aufgeräumten Schreibtisch würden Lösungen gefunden, die individuell passen.