agrarmanager – Das positive Gefühl aufgeräumter Schreibtische ...

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Strukturierte Arbeitsabläufe steigern die Effizienz. Davon ist man bei der Maschinenringe Deutschland GmbH überzeugt und setzt auf Büro-Kaizen – die Veränderung zum Besseren.

Innerhalb von zwei Minuten liegt jede Unterlage auf seinem Schreibtisch, verspricht Erwin Ballis. ER ist Geschäftsführer der Maschinenringe Deutschland GmbH – 90 Mitarbeiter optimieren in Neuburg an der Donau für bundesweit 193.000 Landwirte die Maschinenkapazitäten und fungieren als Großeinkäufer. Sein Vorstandsvorsitzender hat ihn drei Mal getestet und es schließlich gelassen.

Von „Büro-Kaizen“ spricht dann Jürgen Kurz. Was in der Industrie längst üblich ist, zieht in die Verwaltung und Organisation erst langsam ein: nämlich die Veränderung zum Besseren, wie Kaizen aus dem Japanischen übersetzt heißt.
Zwei Drittel der deutschen Unternehmen sprechen intern nicht ab, wie Akten abgelegt werden. Doch wo Bestsellerautor Kurz („Für immer aufgeräumt“) auftritt, wird es ordentlich und übersichtlich. Mittlerweile tourt Aufräumer Kurz durch ganz Deutschland. In Vorträgen, Seminaren und Firmencoachings erfahren jährlich mehrere Tausend Menschen, wie man seinen Schreibtisch organisiert und vor allem, wie er auch in hektischen Zeiten so bleibt. Seit acht Jahren engagiert Ballis den Schwaben vom Beratungsunternehmen Tempus Consulting. „Der größte Nutzen ist, dass sich die Suchzeiten deutlich reduziert haben und auch die Vertretung weiß, wo was zu finden ist“, erzählt Ballis. Außerdem haben sich alle Mitarbeiter darauf geeinigt, dass auf den Schreibtischen nach Dienstschluss keine Papiere mehr liegen. „Das ist morgens ein derartig positiver Effekt“, findet er, das könne er gar nicht beschreiben. Statt Unterlagen auf dem Schreibtisch zu stapeln oder in unzähligen Schubfächern zu sammeln, setzt der MR-Geschäftsführer auf auf sein Hängeregister, das unter dem Schreibtisch steht. Alle aktuellen Projekte hat er griffbereit und kann sich trotzdem auf der Arbeitsfläche ausbreiten. Wie immer verlangt das Ordnung und Disziplin: Wenn es an Projekt A nichts mehr zu tun gibt, muss es wieder in die Hängeregistratur.

Beim Maschinenring geht man in drei Schritten vor. Zunächst wird aufgeräumt und ausgemistet. Erfahrungsgemäß fliegen 30 % aus den Büros: Zeitschriften, die irgendwann gelesen werden könnten, ausrangierte Computerteile, veraltete Broschüren oder Aktenordner, die seit drei Jahren nicht mehr angefasst wurden. Nach ein bis zwei Stunden gewinnt das eine Dynamik, die die Chefs eher stoppen müssen. Jürgen Kurz schlägt eine Zwischenstufe vor: Halbwichtiges in eine Kiste im Keller packen und nach einem Jahr endgültig wegschmeißen. Wenn die Maschinenringe-Mannschaft im kommenden Jahr in ein neues Gebäude umzieht, soll sämtliche Post eingescannt werden, sodass die Büros tatsächlich papierlos laufen.

Im zweiten Schritt definierten die Mitarbeiter gemeinsame Regeln und Ablagen. Zum Beispiel haben die Ordner jeder Abteilung ihre eigene Farbe oder auf etlichen Ordnerkolonnen ist ein Querstrick angebracht, sodass Ordner beim Einsortieren schnell wieder an ihrem Platz sind. „Es gibt nicht die eine Ordnung“, findet Experte Kurz, entscheidend sei, dass das Team eine gemeinsame Entscheidung trifft und sich daran hält. Absprachen sind auch nicht heilig, sondern müssen sich in der Praxis bewähren. So werden Ordnung der Schreibtische und Effizienz der Arbeitsabläufe kontinuierlich verbessert.

Und schließlich muss die Ordnung am Leben gehalten werden. In Neuburg setzt man auf Gewohnheiten. Doch wenn täglich Neues auf dem Schreibtisch landet und Stresszeiten sind, wird der Mensch nachlässiger. Deshalb hat Ballis eine Kaizen-Beauftragte ernannt, die mit hartnäckigem Charme und Fotos tatsächlich zur Ordnung ruft. Balis schätzt, dass Büro-Kaizen die Effektivität zwischen 10 und 20 % steigert, das hänge vom individuellen „Ordnungsfimmel“ ab.



Die sieben Schritte des Büro-Kaizen von Jürgen Kurz:

1. Posteingang: Statt vieler unsinnig gekennzeichneter Körbchen, auf denen irritierende Hinweise wie „Wichtig“, „Später“ oder „Sonstiges“ steht, reicht eine Ablageschale für die aktuelle Post.

2. Unterlagen zum Lesen: Für Dinge, die man später lesen möchte, ein eigenes Fach im Schrank oder Schreibtisch anlegen. Von Zeit zu Zeit von unten leeren.

3. Wichtige Infos und Kontakte: Informationen von Kunden und Kollegen, Telefonlisten, Kostenstellenpläne et. in einen Folienordner stecken. Ruckzuck sind alle Post-ist verschwunden. Der Bildschirm wird wieder sichtbar und andere Mitarbeiter wissen, wo sie wichtige Telefonnummern finden.

4. Büroutensilien: Stifte und Co. gehören in die oberste Schublade – am besten in einen Rollcontainer, in dem auch Tacker, Tesa und Konsorten ihren Platz finden. Motto: Alles hat einen Platz, alles hat seinen Platz.

5. Eigene Aufgaben: Immer nur Unterlagen für die gerade zu erledigende Arbeit auf den Tisch. Für den Rest ein Wiedervorlagesystem im Rollcontainer unter dem Schreibtisch anlegen. Wer so arbeitet, hat am Feierabend immer eine leere Schreibfläche.

6. Gemeinsame Projekte mit Kollegen aus der Abteilung festlegen. Der Platz dafür ist nicht auf dem Schreibtisch. Wichtig: Niemanden überrumpeln. Die Orte und Systeme am besten im Team entwickeln. Das erhöht die Akzeptanz. Vor allem: Regeln werden künftig besser eingehalten.

7. Termin- und Aufgabenverwaltung: Aufgaben und Projekte mit einem Zeitplanbuch oder elektronischen Planer verbinden. Jetzt geht kein Termin mehr verloren. Am Abend die Topps des nächsten Tages checken. So kann man ruhig in den Feierabend gehen.


Jens Gieseler, freier Journalist