StartupValley – Jürgen Kurz: „Keiner hat die Zeit zum Aufräumen, aber jeder hat die Zeit zum Suchen.“

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Jürgen Kurz (MBA) hat über 20 Jahre Erfahrung in der Geschäftsführung mittelständischer Unternehmen

Er ist Bestsellerautor („Für immer aufgeräumt“ und „Für immer aufgeräumt – auch digital“) und ist der Erfinder von Büro-Kaizen®. Kurz gilt als Deutschlands führender Effizienz-Profi. Im Interview mit Christiane Ruof erklärt der Bestseller-Autor, wie Startups mittels Büro-Kaizen® effizienter und produktiver werden können.

Christiane Ruof: Wie kamen Sie zum Thema Büro-Kaizen?

Jürgen Kurz: Wir haben mit großem Erfolg Kaizen in der Produktion praktiziert. Ich habe mich dann gefragt, ob man diese Prinzipien nicht auch aufs Büro übertragen kann. Das haben wir mit großem Erfolg bei uns im Haus getestet. Die Erfolge waren in Form von freien Schreibtischen so gut und schnell sichtbar, dass Geschäftsfreunde und Besucher aller Art mich gebeten haben, das Wissen doch auch in ihren Firmen einzusetzen und auf ihre Mitarbeiter zu übertragen. Daraus ist ein Seminargeschäft entstanden. Im weiteren Verlauf habe ich dann auch Bücher geschrieben, Beratung gemacht usw.

Christiane Ruof: Wie lässt sich das Versprechen 20 % mehr Effizienz im Büro messen?

Jürgen Kurz: In den Büchern geht es um die Grundlagen, das heißt erst einmal Ordnung schaffen im Computer bzw. rund um den Schreibtisch. Da fällt es natürlich schwer, die Zahlen zu messen. Bei Prozessanalysen kann man sehr wohl messen, wie die Einkaufskosten gesenkt werden, Arbeitszeiten und damit Löhne reduziert werden können usw. Mir ist wichtig, dass es bei der Lohnsenkung nicht darum geht, die Mitarbeiter freizusetzen, sondern Zeit zu schaffen, für die wirklich wichtigen Dinge wie z. B. Innovation, Weiterbildung, Überstundenabbau usw.

Bei unseren Beratungsprojekten fragen wir die Mitarbeiter auch, was sie denn schätzen, was Büro-Kaizen gebracht hat. Da sind regelmäßig Aussagen dabei wie 20 % Effizienzsteigerung, 20 % Platzgewinnung in Schränken und Regalen usw.

Christiane Ruof: Kaizen lehrt Transparenz: Wie kann man diesen Gedanken aufs Büro übertragen?

Jürgen Kurz: Interessanterweise kann man alle Kaizen-Prinzipien relativ einfach auf das Büro und sogar den privaten Haushalt übertragen. Ein Prinzip ist beispielsweise, gemeinsam mit den Mitarbeitern Lösungen zu finden. Wenn man das tun, kennt jeder die gemeinsam vereinbarten Spielregeln und Transparenz ist sozusagen ein „Abfallprodukt“.

Christiane Ruof: Ist es möglich, dass der Schreibtisch für immer aufgeräumt bleibt?

Jürgen Kurz: Ja, absolut. Das beweisen meine Kunden seit 20 Jahren. Die Logik ist die gleiche wie bei der Besteckschublade. Wenn man allen Dingen eine Heimat gibt, dann kann nichts mehr herumliegen. So ist es auch bei Kaizen. Das hat nichts mit Pedanterie zu tun. Wenn ich aber weiß, wie meine Wiedervorlage organisiert ist, dann muss ich bei neuen Projekten nicht überlegen wohin ich sie lege und wenn ich etwas suche, genau so wenig.

Christiane Ruof: Als Berater helfen Sie Firmen dabei, ihre Büros aufzuräumen und zu strukturieren. Was war dabei Ihr härtester Einsatz?

Jürgen Kurz: Jedes Projekt ist für seine ganz eigene Art eine Herausforderung. Das ist aber eines der Dinge, die mich reizen. „Schwierig“ war ein Projekt, als ich Büro-Kaizen bei Journalisten durchgeführt habe. Die waren sehr konstruktiv und kreativ, aber haben es geliebt zu diskutieren. Da kam ich dann in zeitliche Bedrängnis, um mein Programm durchzubekommen. Insgesamt aber auch ein super schönes Projekt.

Christiane Ruof: Was war Ihr schönstes Erlebnis im Rahmen einer Aufräum-Aktion?

Jürgen Kurz: Durch Büro-Kaizen bekommt man als Trainer extrem viel zurück. Die Menschen spüren, dass es mir ein Bedürfnis ist, ihnen zu helfen. Ich bekomme regelmäßig Schreiben oder Menschen sprechen mich an, wie gut ihnen Büro-Kaizen geholfen hat. Mein schönstes Erlebnis hatte ich auf einer Veranstaltung. Ein Herr kommt mit einem ausgestreckten Zeigefinger auf mich zu und sagte „Sie haben mir das Leben gerettet“. Ich habe geantwortet, dass sich das gut anhört und habe ihn gefragt, was ich getan habe. Er meinte dann, dass er total „Land unter“ gewesen wäre. Er wusste nicht mehr wo ihm der Kopf steht und hat dann mein Buch Für immer aufgeräumt zur Hand bekommen. Das hat er wohl in einer Nacht durchgearbeitet und seither wäre sein Schreibtisch perfekt. J

Christiane Ruof: Mit welchen einfachen Tipps können Startups mehr Ordnung ins Büro bringen?

Jürgen Kurz: Auf meiner Website habe ich viele Downloads. Unter anderem gibt es dort die 7 Schritte zum für immer aufgeräumten Schreibtisch. Wenn man die umsetzt, wird man auf dem Schreibtisch dauerhaft Ordnung halten. Dort gibt es auch Downloads wie das kleine OneNote-Tutorial. Damit kann man auch seine digitale Ablage auf Vordermann bringen.

Christiane Ruof: Welche Ratschläge haben Sie für das Aussortieren von Unterlagen?

Jürgen Kurz: Manche Menschen tun sich schwer mit dem Wegwerfen. Hier empfehle ich das „Wegwerfen auf Probe“. Das heißt, alles in einen Karton packen und den Karton beschriften mit dem Datum an dem man den Inhalt wegwerfen kann, wenn man den Karton bis zu diesem Zeitpunkt nicht geöffnet hat. Regelmäßig ist das in 12 Monaten.

Christiane Ruof: Wie gehen Sie mit Mitarbeitern um, die keinen Sinn für Ordnung haben?

Jürgen Kurz: Das Ziel von Büro-Kaizen ist immer, den Menschen schnelle Hilfe zu geben. Wenn Menschen spüren, wie ihnen die Dinge helfen, dann ist es selbst für „Chaoten“ nicht schwierig, Ordnung zu halten. Selbst die größten Chaoten haben eine aufgeräumte Besteckschublade. Der Grund dafür ist, dass das Aufräumen einfach ist und Systeme die Ordnung halten. Das versuchen wir im übertragenen Sinn auch im Büro zu erreichen.

Christiane Ruof: Kann ein für immer aufgeräumtes Büro nicht zu steril wirken?

Jürgen Kurz: Büro-Kaizen hat nicht das Ziel, Pflanzen, Bilder usw. aus den Büros zu verbannen. Ich glaube nur, dass ein Papierstapel und Aktenberge nicht besonders attraktiv sind. Deshalb aus meiner Sicht kein Widerspruch, dass der Schreibtisch aufgeräumt und das Büro trotzdem schön und wohnlich ist.

Christiane Ruof: Haben Sie auch Ratschläge gegen das Chaos auf Computern?

Jürgen Kurz: Ja, so ist mein Buch Für immer aufgeräumt – auch digital entstanden. Ganz viele Leser von Für immer aufgeräumt haben sich gemeldet und gemeint, dass durch dieses Buch ihr Schreibtisch jetzt aufgeräumt wäre. Durch die zunehmende Digitalisierung hätten sie jetzt aber ähnliche Probleme im Computer. Ich habe mein zweites Buch geschrieben im Jahr 2013. Seit dem Erscheinungstermin ist das Buch ununterbrochen unter den Top 4 Bestsellern des Verlages und wir bekommen extrem viel positiven Zuspruch.

Christiane Ruof: Zum Schluss: Welche 3 Ratschläge würden Sie Gründern mit auf den Weg geben?

Jürgen Kurz: Zunächst einmal drücke ich allen Gründern die Daumen, dass sie mit ihrer Idee vorankommen. Mein Tipp für Gründer wäre dann aber auch, ein wenig Zeit zu investieren und sich zu überlegen, wie sie ihre Ablage strukturieren.