Sagt Ihnen der Halo-Effekt etwas? Nein? Vielleicht kennen Sie das Phänomen, welches dahintersteckt, nicht unter diesem Namen. Aber garantiert hat der Effekt schon das ein oder andere Mal auf Sie gewirkt, ohne dass Sie es wussten. Genau deshalb ist Ihnen der Effekt vielleicht schon einmal gefährlich geworden: Immer dann, wenn Sie einen fremden Menschen kennenlernen oder einschätzen müssen – also genau dann, wenn Ihre Menschenkenntnis gefragt ist – tritt der Halo-Effekt oder sein Gegenspieler (der Horn-Effekt) ein.
Keiner ist vor dem so genannten Heiligenschein-Effekt sicher, denn auch wenn Sie bestens über ihn Bescheid wissen, können Sie ihn nur schwer erkennen oder gar austricksen. Und auch die Wirtschaft, der Verkauf und das Marketing können sich dem Halo-Effekt bedienen.
Inhaltsverzeichnis
1. Definition: Was ist der Halo-Effekt?
Fachsprachlich ausgedrückt handelt es sich beim Halo-Effekt um eine kognitive Verzerrung. Der Effekt basiert also auf der psychologischen Ebene und wirkt sich auf unser Bewusstsein aus. Sie nehmen vom Halo-Effekt getrübt Dinge, Muster und Verhaltensweisen also anders wahr. Durch dieses Phänomen werden Ihr Bewusstsein, Ihre Wahrnehmung, Ihr Denkvermögen und Ihre Erinnerung manipuliert.
Doch wer ist hier der Manipulant? Das sind Sie selbst – oder anders ausgedrückt: Ihre kognitive Wahrnehmung manipuliert Sie. Diese wird beim Halo-Effekt auf eine bestimmte Art und Weise verändert. So entsteht ein verzerrtes Bild einer Person oder eines Gegenstandes, die/den Sie zum ersten Mal sehen. Es geht also um den ersten Eindruck einer Sache oder einer Person, der überaus positiv ist. So positiv, dass dieser Eindruck sich im Nachgang kaum oder gar nicht bewahrheiten lässt. Sie setzen der Person oder der Sache sprichwörtlich einen Heiligenschein auf und lassen alles in hellstem Glanz erstrahlen.
Der Halo-Effekt kurz und einfach erklärt
Unter dem Halo-Effekt versteht man die Wahrnehmung einer dominanten und überaus positiven Eigenschaft einer Person oder Sache, die unbewusst auf weitere positive Eigenschaften schließen lässt, die in der Realität gar nicht vorhanden sind oder sich noch nicht bewahrheitet haben.

2. Wie wirkt der Beobachtungsfehler des Halo-Effekts?
Der auf den amerikanischen Psychologen Edward Lee Thorndike zurückgehenden Halo-Effekt ist recht simpel zu erklären und sehr einleuchtend. Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie lernen einen neuen Menschen kennen. Der erste Eindruck entwickelt sich instinktiv, doch weiterhin liegen Ihnen keine Informationen über das Denken und Handeln dieses Menschen vor. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie in einer bestimmten Situation richtig agieren müssen, obwohl Ihnen alles unbekannt ist und Ihnen keine Informationen vorliegen? Es fühlt sich unangenehm an! Deshalb schaltet sich hier Ihr Gehirn ein und bewahrt Sie vor dieser unangenehmen Situation.
Unser Gehirn bzw. unsere kognitive Wahrnehmung schnappt sich eine dominante positive Eigenschaft unseres Gegenübers, verknüpft diese mit weiteren positiven Eindrücken, die im Gehirn gespeichert sind und lässt diese über alles erstrahlen. All diese Vorgänge beim Aufsetzen des Heiligenscheins laufen in Sekundenschnelle und unbewusst in unserem Gehirn ab. Der Halo-Effekt ist sogar so tiefschürfend, dass ein negatives Handeln der Person nur schwer den Heiligenschein trübt.
3. Beispiele: Wo erleben Sie den Halo-Effekt im Alltag?
Den obigen theoretischen Anteil über den Halo-Effekt wollen wir nun für Sie mit Beispielen aus der Praxis untermauern, bevor wir Ihnen aufzeigen, wo genau Sie dieses Phänomen in der Berufswelt entdecken können.
- Sie lernen einen Menschen kennen, der ungewöhnlich attraktiv und adrett gekleidet ist. Und los geht das Kopfkino: Ein Mensch, der so gut gekleidet ist, ist garantiert auch sehr elegant eingerichtet, zudem ist er eloquent, höflich, charmant und pflegt sehr gute Umgangsformen. Doch halt, Stopp! Sie haben diesen Menschen eben erst für 5 Sekunden kennen gelernt. Woher wissen Sie, dass er auch elegant eingerichtet oder eloquent ist? Sie wurden Opfer des Halo-Effekts. Natürlich könnten alle diese Eigenschaften auf diesen Menschen zutreffen, bewahrheitet hat sich allerdings noch keine dieser Tatsachen.
- Und genauso läuft es auch in der Schule. Lehrer empfinden Schüler, die Brille tragen als intelligenter und belesener, korpulentere Menschen werden oft als faul und dumm empfunden, Anzugträger werden im Job bevorzugter behandelt als Jogginganzugträger, Blondinen gelten als dumm. Die Liste an Vorurteilen, die durch den Halo-Effekt geprägt wurden, ist lang und garantiert fällt Ihnen gerade ein Beispiel aus Ihrem Alltag ein.
- Sie betreten ein kleines Café. Die Barista trägt eine makellose Schürze, lächelt freundlich und begrüßt Sie herzlich. Und schon beginnt Ihr Kopfkino: Diese Frau ist bestimmt organisiert, belesen und spricht vielleicht sogar Französisch. Doch Moment – Sie kennen sie seit 15 Sekunden. Sie wissen nichts über sie. Willkommen beim Halo-Effekt: Eine positive Eigenschaft lässt uns viele weitere vermuten – ganz ohne Beweise.
4. Wie wirkt sich der Halo-Effekt auf Ihr Berufsleben aus?
Gerade im Marketing oder Verkauf hat man nur kurz Gelegenheit, sich dem potentiellen Kunden vorzustellen. Jede Firma und jedes Unternehmen will diesen ersten Eindruck also so positiv wie möglich gestalten. Dazu nutzen viele den Halo-Effekt und das Wissen um darum aus. Jede Werbeanzeige, jede Homepage, jedes Kundengespräch und jedes Vorstellungsgespräch beginnt im Idealfall mit dem Halo-Effekt. Zeigen Sie ein dominantes und äußerst positives Merkmal auf. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Gegenüber dieses ungefiltert und ungestört wahrnimmt, so dass der Effekt wirken kann. So können Sie sich selbst, andere Arbeitskollegen oder Produkte, ja sogar ganze Brands in ein helles Licht rücken und allem sprichwörtlich den Heiligenschein aufsetzen. Mit Hilfe des Halo-Effekts können Sie durch eine gut ausgewählte und richtig in Szene gesetzte Eigenschaft dafür sorgen, dass Sie erfolgreich sein werden, egal ob Sie dafür weiterhin etwas leisten oder nicht.
4.1 Beispiel für den Heiligenschein-Effekt im Marketing
Ein Modeunternehmen bringt eine hochwertige Designerjacke auf den Markt, die in limitierter Stückzahl erhältlich ist. Die Jacke wird in Modemagazinen gefeiert, von Prominenten getragen und auf Social Media gehypt.
Folge des Halo-Effekts: Kunden, die die Jacke sehen oder kaufen, verbinden die Marke automatisch mit Qualität, Stil und Exklusivität. Diese positive Wahrnehmung überträgt sich auf das gesamte Sortiment, auch auf günstigere Produkte wie T-Shirts oder Accessoires.
4.2 Beispiel für den Wahrnehmungsfehler
Ein Beratungsunternehmen gewinnt eine bekannte Expertin für Digitalisierung als neue Partnerin. Sie ist regelmäßig in Podcasts, Fachzeitschriften und auf Konferenzen präsent.
Folge des Halo-Effekts: Die hohe Kompetenz und Bekanntheit der Expertin färbt auf das gesamte Unternehmen ab. Kunden und Interessenten gehen davon aus, dass alle Berater dort ähnlich qualifiziert sind – auch wenn sie nie direkt mit ihr arbeiten.
4.3 Beispiel für den Halo-Effekt im Marketing
Ein Softwareunternehmen erhält regelmäßig Bestnoten für seinen Kundensupport: schnelle Reaktionszeiten, kompetente Hilfe, persönliche Betreuung. Diese Bewertungen erscheinen auf Plattformen wie Trustpilot oder Google Reviews.
Folge des Halo-Effekts: Selbst potenzielle Kunden, die die Software noch nie genutzt haben, schließen aus dem hervorragenden Support auf die Qualität der Software selbst. Sie erwarten ein durchdachtes, zuverlässiges Produkt.

5. Wie kann der Halo-Effekt vermieden werden?
5.1 Objektive Bewertung durch Strukturen und Standards gewährleisten
Im Berufsalltag hilft eine strukturierte Bewertung dabei, den Halo-Effekt gezielt zu vermeiden. Statt sich vom ersten Eindruck oder einer einzelnen Stärke leiten zu lassen, sorgen einheitliche Bewertungsraster und objektive Standards dafür, dass jede Leistung nach klar definierten Kriterien beurteilt wird.
Beispiel: In einem Bewerbungsgespräch wirkt eine Kandidatin sehr selbstsicher. Um nicht allein davon beeinflusst zu werden, nutzen Sie ein Bewertungsbogen mit festen Kategorien wie Fachwissen, Problemlösungskompetenz und Teamfähigkeit. Jede Kategorie wird einzeln bewertet – so bleibt die Einschätzung fair und nachvollziehbar.
5.2 Perspektivenvielfalt
Wenn nur eine Person bewertet, können persönliche Eindrücke die Wahrnehmung verzerren. Wird stattdessen Feedback aus verschiedenen Blickwinkeln eingeholt, z. B. von Kollegen, Teammitgliedern oder Führungskräften, entsteht ein ausgewogenes Gesamtbild. Vielfalt reduziert Verzerrung, weil unterschiedliche Erfahrungen und Beobachtungen zusammenkommen. So wird sichtbar, was einzelne Personen vielleicht übersehen oder anders wahrnehmen.
Beispiel: Während eines Meetings wirkt ein Kollege stets zuverlässig, da er immer gut vorbereitet ist. Andere Kollegen berichten jedoch, dass er oft Absprachen nicht einhält. Erst durch die verschiedenen Perspektiven wird eine Diskrepanz zwischen Auftreten und Verhalten festgestellt.
5.3 Bewusste Selbstreflexion fördern
Der Halo-Effekt entsteht oft unbewusst z. B., wenn eine sympathische Person automatisch als kompetent wahrgenommen wird. Durch bewusste Selbstreflexion können solche Denkfehler erkannt und vermieden werden. Folgende Beispiel-Fragen können nach einem Gespräch oder Ähnlichem bei der objektiven Bewertung helfen:
- Was hat mich besonders beeindruckt?
- Beziehe ich meine Bewertung auf Fakten oder Gefühle?
- Habe ich alle wichtigen Aspekte berücksichtigt?
Beispiel: Eine Kollegin wird als sehr engagiert wahrgenommen, da sie sich in Videokonferenzen oft meldet. Nach genauerer Betrachtung wird festgestellt, dass die Wortmeldungen selten eine konkrete Lösung enthalten. Durch diese Reflexion wird erkannt, dass der Eindruck nicht vollständig war.
5.4 Verzerrung der Wahrnehmung durch äußere Einflüsse reduzieren
Äußere Einflüsse (z. B. Kleidung, Stimme, gemeinsame Interessen, etc.), die nichts mit der tatsächlichen Leistung zu tun haben, verstärken häufig den Effekt. Daher sollten diese oberflächlichen Eindrücke erkannt und ausgeblendet bzw. ignoriert werden.
Beispiel: Sie bewerten eine Produkt-Präsentation. Der Vortragende ist sehr charismatisch, humorvoll und gut gekleidet. Um fair zu bleiben, konzentrieren Sie sich bewusst auf den Inhalt: Ist die Argumentation schlüssig? Sind die Fakten korrekt? Hat das Produkt einen USP?
5.5 Ganzheitliche Bewertungen durchführen statt Pauschalurteile fällen
Eine ganzheitliche Bewertung hilft dabei, dass einzelne Stärken, z. B. gute Kommunikationsfähigkeit, nicht die gesamte Bewertung überstrahlt. Daher werden bei einer ganzheitlichen Bewertung alle relevanten Bereiche getrennt und systematisch betrachtet.
Beispiel: Ein Kollege ist sehr beliebt im Team und wirkt immer gut gelaunt. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass seine Projektziele oft nicht erreicht werden. Erst durch die Bewertung von Teamverhalten, Zielerreichung und Arbeitsqualität entsteht ein vollständiges Bild.
6. Fazit & FAQ: Häufige Fragen zum Halo-Effekt
Um den Halo-Effekt positiv in Ihrem Berufsleben zu nutzen, ist es von Vorteil, möglichst viel über ihn zu erfahren. Denn nur dann können Sie ihn zielführend einsetzen und Sie werden dafür sensibilisiert, Ihre eigene Wahrnehmung hinsichtlich des Halo-Effekts zu scannen. In diesem Sinne: Bleiben Sie objektiv und neutral und nehmen Sie sich regelmäßig Zeit zur Selbstreflexion.
6.1 Was versteht man unter dem Halo-Effekt?
Der Halo-Effekt ist der erste Eindruck gegenüber einer Person, zusammen mit einem Wahrnehmungsfehler aufgrund von Eigenschaften und Verhalten.
6.2 Was ist ein Beobachtungsfehler?
Beobachtungs- oder auch Wahrnehmungsfehler sind fehlerhafte Einschätzung und Bewertung beim Verhalten anderer. Beim Halo-Effekt überstrahlen bestimmte Fähigkeiten andere Eigenschaft einer Person. Dadurch erstellen wir, aus dem ersten Eindruck und einer positiven Eigenschaft der Person, unser eigenes Bild für den Gegenüber.
6.3 Was ist ein Beispiel für den Halo-Effekt?
Ein gutes Beispiel für das Auftreten des Halo-Effekts ist in der Schule. Dabei kann es vorkommen, dass Lehrer die Leistungen der Schüler unterschiedlich bewerten, aufgrund von Aussehen, Name, Geschlecht… Wenn zum Beispiel ein Kind eine Brille trägt und im Unterricht nicht negativ auffällt, kann es vorkommen, dass die Leistung ohne großes Zutun besser und als intelligenter gewertet wird, als sie eigentlich ist.