Working Out Loud: Urschreitherapie für Unternehmen oder effizientere Wissensarbeit?


Der Begriff „Working Out Loud“ bedeutet nicht, „wer schreit hat recht“. Und es hat auch nichts mit der Urschreitherapie zu tun, um frühkindliche Traumata zu überwinden. Bei Working Out Loud (WOL) handelt es sich vielmehr um eine Methode des Wissensmanagements, damit eine Gruppe besser von dem vernetzten Wissen und Knowhow jedes einzelnen Mitglieds profitieren kann. Rund 10 Jahre nach der „Erfindung“ dieses Ansatzes wurden zwischenzeitlich eine ganze Reihe neuartiger Kollaboration-Tools (für eine effizientere Zusammenarbeit in Unternehmen) entwickelt, die den WOL-Gedanken aufgreifen. Was nun genau dahintersteckt, erfahren Sie hier in diesem Büro-Kaizen-Blogbeitrag.

1. Was heißt „Working Out Loud“ auf Deutsch und was bedeutet das?

Die Bezeichnung „Working Out Loud“ (Kurzform: WOL) spielt mit dem englischen Begriff „work out“, was im Deutschen „Training“, „Sporttreiben“ oder auch „Erfolg haben“ bedeutet. Gleichzeitig steckt auch das Wort „loud“ mit drinnen, da es vor allem auch darum geht, die Erfolge der eigenen Arbeit für andere sichtbar und damit nutzbar zu machen.

2. Was ist Working Out Loud?

WOL baut auf einem 2010 veröffentlichten Konzept von Bryce Williams auf und wurde 2015 von John Stepper entscheidend weiterentwickelt (beide USA). Dabei handelt es sich um eine Mischung aus kollaborativ vernetzter Zusammenarbeit, um Wissen effizienter zu teilen, sowie gleichzeitig auch um eine kollaborative Selbstlernmethode, um besser von dem Wissen anderer profitieren zu können. Damit fällt Working Out Loud in den Bereich des Peer-Coachings.

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Bild 1: Die Wissensmanagement-Methode „Working Out Loud“ wurde 2010 erfunden, 2015 ist das gleichnamige Buch erschienen. Mittlerweile gibt es auch zahlreiche Kollaboration-Tools, die den WOL-Gedanken aufgreifen. Bild: John Stepper „Working Out Loud“.

3. Warum Working Out Loud? Welche Ziele werden damit verfolgt?

Der Kerngedanke ist, dass wir in unserer hochgradig vernetzten (Arbeits-)Welt noch stärker von dem über lange Jahre aufgebauten Wissensschatz anderer profitieren könnten. Das Ziel ist dabei, sich selbst weiterzuentwickeln. Das können private Ziele sein, oder zum Beispiel auch, um die eigene Karriere voranzutreiben. Nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“ teilt somit jedes Mitglied eines Working-Out-Loud-Circles (Gruppe) sein eigenes Wissen mit den Mitstreitern. Statt Wissen zu sammeln und exklusiv zu horten, soll die Wissensarbeit vielmehr altruistisch geteilt und allen Beteiligten zugänglich gemacht werden. Denn wenn alle zusammenhelfen schaffen sie mehr als jeder für sich allein. So entsteht eine Win-Win-Situation, von der alle Beteiligten – und somit letztlich auch das gesamte Unternehmen – profitieren.

4. Wie funktioniert Working Out Loud?

Der von Bryce Williams entwickelte Grundgedanke wurde von John Stepper in seinem 2015 erschienen Buch „Working Out Loud: For a better career and life“ weiterentwickelt und zu einer Lern- und Arbeitsmethode ausgebaut. Die Leitfäden für WOL, die sogenannten Circle Guides, hat Stepper dabei kostenlos auf seiner Webseite bereitgestellt. Der Kerngedanke lautet: Vernetze dich mit Gleichgesinnten und mache deine eigene Expertise transparent – so können sich alle Beteiligten effizienter weiterentwickeln.

  • In einem Bottom-Up-Ansatz (Graswurzelbewegung) entstanden dann diverse Working Out Loud Circles, auch in Deutschland, in denen sich Angestellte und Arbeitnehmer selbstorganisiert vernetzen, um in einem gemeinsamen WOL-Netzwerk mit und voneinander zu profitieren.
  • Diese WOL-Circles bestehen in der Regel aus 3-5 Personen, wobei für jeden Teilnehmer eingangs ein eigenes WOL-Ziel definiert wird, an denen dann gemeinschaftlich gearbeitet wird. Dafür trifft man sich (den WOL Guidelines zufolge) 12 Wochen lang einmal pro Woche für eine Stunde, entweder physisch oder virtuell zum Beispiel über Skype, Teams oder auch Yammer.
  • Solche Working Out Loud Circles entstanden bereits bei zahlreichen namenhaften deutschen Unternehmen, wie zum Beispiel Audi, BMW, Beiersdorf, Bosch, Daimler, DB, DHL, SAP, Siemens, Telekom und ZF. Befeuert von überwiegend positiven Kommentaren, Artikeln und Interviews (zum Beispiel in der Haufe-Akademie, in der Personalwirtschaft, in der Karrierebibel oder in Der Welt) wurde die Methode Ende 2017 sogar mit dem HR-Excellence-Award in der Kategorie „Mitarbeiterengagement und Collaboration (Konzern)“ ausgezeichnet.
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Ein WOL-Circle besteht in der Regel aus 3-5 Personen. Man trifft sich alle 12 Wochen einmal pro Woche für eine Stunde, entweder physisch oder virtuell. Bild: Büro-Kaizen.

Die fünf Grundprinzipien der Working Out Loud Methode:

  • Kontakte knüpfen und Netzwerken (Relationships)
  • Altruistische Freizügigkeit, Großzügigkeit und Großmut (Generosity)
  • Die eigenen Arbeitserfolge sichtbar machen (Visible work)
  • Auf ein Ziel hinarbeiten, zielorientiertes Handeln (Purposeful Discovery)
  • Progressives Fortschritts- und Optimierungsdenken (Growth Mindset)

5. Kritik am Working-Out-Loud-Konzept

  • Unternehmen setzen Wissensmanagementkonzepte schon länger (aus eigenem Interesse) um, lange bevor die WOL-Methode in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen hat. Die Wissensarbeit hat mit Working Out Loud jedoch einen kleineren Rahmen, klare Regeln und einen neuen Namen erhalten.
  • Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass dieser Ansatz dazu einlädt, die WOL-Kollegen mit unvollständigen und unvollendeten Teilergebnissen zu überschwemmen. Denn wenn jeder pausenlos mitteilt, woran er gerade arbeitet und was er dabei an Teilerfolgen erreicht hat, schwillt der Informationsfluss unweigerlich weiter an. Und schon jetzt ertrinken viele Mitarbeiter in einer Informationsflut aus E-Mails, Nachrichten und einer weiterhin ungebrochenen CC-Kultur. Die Kommunikation sollte daher keinesfalls zu kleinteilig erfolgen.
  • Einer dritter Kritikpunkt bezieht sich auf den Einsatz dieses Bottom-Up-Ansatzes in Unternehmen. Wenn sich Firmen dazu entschließen, die Methode bei sich einzusetzen, dann müssen sie dies auch richtig machen. Also ergebnisoffen und ohne Einmischungen. Die Themenwahl und individuelle Zielsetzung ist und bleibt eine Sache der Beteiligten – und darf nicht von Vorgesetzten oder dem Management vorgegeben werden. Denn auch Ziele, die dem Unternehmen nicht direkt nutzen, tragen zu einer Weiterentwicklung des Mitarbeitenden bei. Und davon profitiert dann schließlich auch wieder das Unternehmen als Ganzes.

Studie mit der AKAD Hochschule

6. Moderne Work-Out-Loud-Werkzeuge für Unternehmen: Beispiel Yammer

Working Out Loud ist also eine Wissensmanagementmethode für die persönliche Weiterentwicklung. Das Ziel ist die Vernetzung und altruistische Hilfe, um den WOL-Mitstreitern bei deren Zielerreichung zu helfen und zugleich Hilfe für die eigenen Ziele zu erhalten. Nach dem Motto out of the box und raus aus dem Silodenken. Dieser Ansatz ist natürlich auch für die Wissensarbeit in Unternehmen interessant. Denn je transparenter kluge Ideen und brillantes Wissen der Einzelnen sind, desto eher können die anderen davon profitieren.

  • Dieser Grundgedanke liegt auch dem unternehmensinternen Social-Media-Netzwerk „Yammer“ für die eigenen Mitarbeiter zugrunde.
  • Microsoft Yammer ist eine firmeninterne Kommunikationsplattform nach dem Vorbild von Facebook, Xing oder LinkedIn, mit der sich die Mitarbeiter abteilungs- und fachübergreifend in einzelnen Gruppen vernetzen können.
  • Das Ziel von Yammer ist ebenfalls, einfacher innerhalb eines Unternehmens von dem Wissen anderer profitieren zu können.
  • Wie Microsoft Yammer (Teil von Office 365) genau funktioniert, erfahren Sie in dem Büro-Kaizen-Blogbeitrag → „Microsoft Yammer: Das Social-Media-Intranet und „interne Mitarbeiter-Facebook“ für eine effizientere Unternehmenskommunikation“

Extra-Tipp: Weitere Kollaboration-Tools für Working Out Loud in Unternehmen: Teams und Delve

Das unternehmensweite Yammer ist nicht das einzige Tool aus dem Hause Microsoft, das den WOL-Ansatz des Wissensmanagements aufgreift. Da der Working-Out-Loud-Leitfaden kleine Gruppen von bis zu fünf Teilnehmern vorsieht, ist Microsoft Teams ideal für die Umsetzung eines „digitalen WOL-Circles“ geeignet. Und auch der Wissensassistent Microsoft Delve unterstützt bei der Sichtbarmachung von Wissen und Ideen.

Büro Kaizen digital: Video-Tutorial
Was ist Microsoft Teams und wie ist es aufgebaut? (Mit Anwendungsbeispielen)

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