In diesem Beitrag versuchen wir, ein wenig Licht ins Dunkel der Bürosprache zu bringen. Kryptisch klingt sie, und all die Abkürzungen und die Floskeln, die Codes und die Anglizismen lassen eher vermuten, dass es sich um die Verständigung von Außerirdischen handelt als um den Versuch der Vereinfachung der Kommunikation am Arbeitsplatz. Wer neu ist in der Arbeitswelt, benötigt ein Weilchen, um herauszufinden, was die Kollegen eigentlich meinen. Aber warum nutzen wir Bürosprache überhaupt? Was sollen die ganzen Abkürzungen, Codes und Phrasen? Und warum ist es wenig zielführend, in der Kommunikation nach außen ebenfalls auf jene Bürosprache zu setzen, die intern gepflegt wird? In diesem Beitrag haben wir Wissenswertes rund um das Thema Bürosprache zusammengetragen.
Inhaltsverzeichnis
Warum benutzen wir Bürosprache?
Sprache hat ganz oft damit zu tun, dass man sich über sie als Teil einer bestimmten Gruppe definiert. Sonst gäbe es wohl kaum Dialekte – und die gibt es immerhin in jeder Sprache. Unter anderem signalisieren Sie durch das Sprechen Ihres Dialekts (insofern Sie das tun) auch eine gewisse Zugehörigkeit oder ein Zugehörigkeitsgefühl zu Ihrer Heimat, Ihrer Familie (sozusagen dem Stamm bzw. dem Clan), Ihrem persönlichen Umfeld. Aber was hat die Bürosprache damit zu tun? Ganz einfach. Das Prinzip ist nämlich dasselbe, durch die Benutzung von bestimmten Phrasen drückt man aus, dass man sich dem „Clan“ im Büro zugehörig fühlt.
Damit gemeint ist nicht nur jener Teil der Bürosprache, der (in einigen Fällen auch ironisch) überall verwendet wird, also Begriffe wie „asap“ (as soon as possible, so schnell es geht), „mfg“ (mit freundlichen Grüßen), „btw“ (by the way, also übrigens), „in CC setzen“ (jemanden zum Co-Empfänger einer Email machen), „FYI“ (for your information oder auch for your interest, also „zu Ihrer Information“), „thx“ (thanks, vielen Dank) oder „IMO“ oder „IMHO“ (in my opinion bzw. in my humble opinion, meiner Meinung nach) und einige mehr. Gemeint sind oft auch Begrifflichkeiten, die sich – ähnlich wie ein Dialekt – lediglich innerhalb eines einzigen Unternehmens ausgeprägt haben. Oft sind das eigene Weiterentwicklungen von „asap“ oder dergleichen.
Wer neu in eine Firma kommt, für den ist die spezifische, nur dort genutzte Bürosprache nicht selten ein Buch mit sieben Siegeln. Das muss kein Problem sein, wenn die Kollegen die Codes halbwegs dosiert einsetzen und sie Neuen gegenüber nicht als Herrschaftswissen einsetzen – im Sinne von „der neuen Kollegin zeige ich mal, wie es hier bei uns zugeht, soll sie mich doch fragen, wenn sie mich nicht versteht“. Wer neu in ein eingespieltes Team kommt, hat in der Regel genug damit zu tun, die Abläufe zu verstehen und damit klarzukommen, wie überhaupt gearbeitet wird. Da möchte man nicht zusätzlich Energie und Zeit darauf verwenden müssen, eine verschlüsselte Bürokommunikation zu knacken.
Wenn verschlüsselte Bürosprache inflationär genutzt wird, führt das normalerweise ganz automatisch zu Problemen, nicht nur in der Kommunikation mit den Kunden (mehr dazu im letzten Abschnitt). Wer übertriebenen Bürosprache pflegt, nimmt in Kauf, dass es permanent zu Missverständnissen kommen kann, die die Produktivität herabsetzen und nicht selten zu persönlichen Konflikten führt. Oft weiten sich diese Konflikte auf ganze Abteilungen aus. Dazu kommt es nicht selten zu Nachfragen, was nun eigentlich gemeint sei – wobei die Verursacher durch die Nutzung des verklausulierten Büro-Lateins selbst Schuld haben.
Welche Abkürzungen gibt es in der Bürosprache?
Abkürzungen in der Bürosprache sind ein heißes Eisen. Wie bereits dargestellt, gibt es in Unternehmen heute Abkürzungen, die es wirklich nur dort gibt, dabei handelt es sich tatsächlich um so etwas wie einen eigenen Dialekt. Natürlich können wir an dieser Stelle nicht auf alle „Bürodialekte“ eingehen, die deutschlandweit gepflegt werden – aber wenigstens die allgemein bekannten Abkürzungen möchten wir Ihnen vorstellen.
- ASAP: Da wäre zunächst das allgemein bekannte „asap“, das für „as soon as possible“ steht, also sobald wie möglich. Gemeint ist, dass etwas ganz, ganz dringend fertiggestellt, übermittelt oder besprochen werden muss, zwischen den Zeilen steht: Es ist fast schon zu spät! Wenn Vorgesetzte asap schreiben, dann ist es wirklich ernst. Eines der wenigen Worte, die es aus der Bürosprache in den Alltag geschafft haben, denn nicht selten wird asap im privaten Umfeld ironisch gebrochen.
- TGIF: Ebenso bekannt ist inzwischen vermutlich TGIF, das für „thank God it’s Friday“ steht: endlich Freitag. Wird gern als Schlussbemerkung in internen Mails verwendet, wer besonders originell sein möchte, benutzt das Kürzel am besten schon am Mittwochvormittag. Auch TGIF hat es ein wenig ins Privatleben geschafft.
- OOO: Oft liest man auch OoO, insbesondere in automatisch generierten Antwortmails. Es ist ganz einfach eine Abwesenheitsnotiz. „OoO“ heißt nichts anderes als „out of order“, nicht in Betrieb, und vermittelt, dass die gestellte Anfrage momentan nicht beantwortet werden kann. Wer nach ein paar Tagen immer noch keine Antwort auf seine Mail erhalten hat, darf gern nachhaken.
- IMO: Wer unter ein Schreiben das Kürzel IMO setzt, drückt damit aus, dass das Ganze die eigene Meinung darstellt („in my opinion“). Es handelt sich also nicht um eine offizielle Position, sondern um eine Einschätzung. Dicker aufgetragen ist IMHO: „in my humble opinion“, auf Deutsch „nach meiner bescheidenen Meinung“. Allerdings wird IMHO meist nur von Kolleg*innen oder Vorgesetzten genutzt, deren Meinung alles andere als bescheiden ist, also von großer Wichtigkeit für die Abteilung – weswegen alles nur Maskerade ist. Nutzen Vorgesetzte IMO oder IMHO, ist das mehr ein Code dafür, dass alles genauso gemacht wird, wie von ihnen vorgeschlagen.
- BTW: Die drei Buchstaben „btw“ („by the way“ – übrigens) kennt inzwischen wohl jeder, diese Abkürzung ist wohl eine der wenigen, die keine versteckte Botschaft enthält wie einige der bereits beschriebenen Kürzel. Es meint nichts anderes als eine Zusatzinformation, etwa am Ende oder als Anhang einer Mail. Manchmal gibt es gar keinen direkten Bezug zum eigentlichen Inhalt der Nachricht, dennoch kann der Zusatz womöglich als Informationsvorsprung von Vorteil sein. Etwa so: „btw: Wenn ihr im Termin mit den Kunden seid, dann denkt dran, euch Namensschilder ans Revers zu heften, der CEO kann sich Namen so schlecht merken.“
- CEO: Wo wir schon dabei sind – der CEO ist der „Chief Executive Officer“, also so etwas wie der Vorstandsvorsitzende. Hin und wieder hat er den COO, den Chief Operating Officer, an seiner Seite, der in etwa der fürs operative Geschäft verantwortliche Topmanager ist. Der CFO hingegen ist der Finanzvorstand („Chief Financial Officer“).
- FYI: Zu guter Letzt das bekannte FYI – „for your information“, also „zur Information“. Beginnt eine Nachricht mit diesem Kürzel, dann lesen Sie sie natürlich, aber reagieren müssen Sie darauf nicht. Meist ist der Inhalt für Sie als Hintergrundwissen zwar wertvoll, aber nicht direkt relevant. Wenn eine Nachricht hingegen mit FYA beginnt, dann möchten die Absender*innen direkt auf den witzigen Inhalt verweisen: FYA bedeutet „for your amusement“, also „zu deinem Vergnügen“.
- FUBAR: Wer so richtig auf den Putz hauen und zeigen möchte, was man auf der Pfanne hat in Sachen Bürosprache und Abkürzungen, sollte möglichst oft den Code „fubar“ benutzen. Denn damit kann man wunderbar die naiven Kollegen verunsichern, die jetzt meinen, man hätte „furchtbar“ gesagt, auch wenn es nicht in den Kontext passt. Dabei bedeutet „fubar“ etwas ganz anderes, nämlich „fucked up beyond any repair“ (auch: „fucked up beyond all recognition“), es kommt vermutlich aus der Sprache des US-Militärs und meint, dass eine bestimmte Sache komplett gegen die Wand gefahren und nicht mehr zu reparieren ist. Dabei kann es sich sowohl um einen geplatzten Deal handeln, der für das Unternehmen von größter Wichtigkeit gewesen wäre, als auch um einen defekten Drucker.
Codes haben fast immer eine negative Bedeutung
Okay, es gibt Codes, die völlig neutral sind etwa das „Mahlzeit“, das etwa zwischen 11 und 14 Uhr als Standardbegrüßung in fast jedem Unternehmen herhalten muss. Wobei man je nach Uhrzeit bzw. Person, die man antrifft, ein wenig mit dem Tonfall spielen kann. Ebenfalls harmlos ist der Begriff der „Ablage P“, in die etwas abgelegt werden kann, was man nicht oder nicht mehr benötigt: in den Papierkorb.
- Management by Zitronenpresse: In vielen Unternehmen haben sich Codes festgesetzt, mit denen die Qualitäten des Managements entweder der eignen Firma oder bei einem Kunden beschrieben werden, nichts davon ist positiv. Meist aufs eigene Unternehmen bezieht sich der Code „Management by Zitronenpresse“, der besagt, dass das Management die Belegschaft durch Druck auspresst, um mehr Leistung herauszuholen. Das geht über kurz oder lang allerdings nach hinten los.
- Management by Surprise: Bei den vier nun folgenden Codes müssen Sie sich folgende Situation vorstellen: Sie sitzen in einem internen Meeting, in dem über ein Kundenprojekt gesprochen wird. Das Projekt oder auch der Kunde ist schwierig, oder aber die eigenen Manager oder Projektleiter arbeiten unsauber und müssen nun mit Codes arbeiten, um den Verdacht von sich zu lenken. Dabei fallen Begriffe wie „Management by Surprise“ – womit gesagt werden soll, dass die Entscheider auf Kundenseite erst aktionistisch sind, bevor sie nachdenken. Das soll heißen, dass man selbst gar nichts für die verworrene Situation kann.
- Management by Orgel/Jeans/Titanic: Auch „Management by Orgel“ und „Management by Jeans“ zielt in diese Richtung. Diese Codes sollen ausdrücken oder zumindest suggerieren, dass die entscheidenden Positionen beim Kunden von (Orgel-)Pfeifen oder (Jeans-)Nieten besetzt sind. Auch das eine Umschreibung dafür, dass der Kunde Schuld hat, wenn ein Termin nicht gehalten werden kann oder wenn eine Verhandlung geplatzt ist. Ganz ähnlich ist „Management by Titanic“ gemeint: Das Projekt mit dem Kunden war doch von vornherein dem Untergang geweiht, wenn bei denen im Management solche Dilettanten das Sagen haben.
Wie Phrasen im Büro funktionieren
Unter dem Wort „Gemeinplatz“ verstehen wir keine explizite Gemeinheit, sondern mehr so etwas wie eine Worthülse, also eine Floskel oder Phrase. Phrasen sind in der Bürosprache ebenfalls sehr beliebt, sie kommen nichtssagend daher und scheinbar unbedeutend. Doch in Wahrheit verstecken sich die zu transportierenden Informationen hier zwischen den Zeilen. Kommt Ihnen bekannt vor? Exakt – dieselben Methoden wenden Führungskräfte an, wenn es darum geht, Mitarbeitern ein schlechtes Zeugnis auszustellen.
Anhand einiger Beispiele möchten wir verdeutlichen, wie Floskeln und Phrasen funktionieren und was sie eigentlich bedeuten:
- „Wir sollten uns auf unser Kerngeschäft/Kernkompetenzen besinnen (konzentrieren).“ Das heißt unterm Strich nichts anderes als: Schuster, bleib bei deinen Leisten, wir hätten es bleiben lassen sollen, unseren Geschäftsbereich auf dieses andere Feld auszudehnen. Wenn wir das jetzt sofort einstellen, dann können wir in den Bilanzen vielleicht retten, was noch zu retten ist.
- „Wir müssen das endlich implementieren!“ Bedeutet, dass eine (vermeintlich) wichtige Sache nun schon länger herumliegt und endlich mal angegangen werden muss, weil bis jetzt niemand Zeit hat, sich verantwortlich fühlt. So wichtig kann die Sache also gar nicht sein.
- „Es gilt jetzt, die Synergieeffekte zu bündeln!“ Kann man so formulieren, auch wenn wieder keiner weiß, was das genau bedeutet. Zwischen den Zeilen aber wird damit ausgedrückt, dass Geld eingespart werden soll, indem knallhart Arbeitszeit für bestimmte Projekte zusammengestrichen wird. Im Extremfall geht es um die Vereinigung von Abteilungen und damit direkt um Arbeitsplätze.
- „Hab ich auf dem Schirm.“ Das wirft man im Meeting gern ein, wenn die Rede auf ein Projekt oder Vorhaben kommt, das irgendwie in der Versenkung verschwunden ist. Wer hingegen sagt, eine bestimmte Angelegenheit ja auf dem Schirm zu haben, der möchte zeigen, dass man sich selbstverständlich damit beschäftigt. Auch, wenn das in vielen Fällen gar nicht stimmt.
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Warum Bürosprache in der Kommunikation mit Kunden schaden kann
Die Bürosprache ist ein Kommunikationsmittel, für das vor allem eine Einstellung notwendig ist: der Abstand dazu. Wer die aufgezählten Codes und Abkürzungen permanent benutzt, ohne darüber zu reflektieren, begibt sich auf dünnes Eis, denn irgendwann gehen diese Begriffe in Fleisch und Blut über. Dann werden sie zur Selbstverständlichkeit, sie bestimmen die alltägliche Bürokommunikation und springen irgendwann vermutlich sogar auf die externe Kundenkommunikation über. Und das gilt es zu vermeiden? Aber weswegen eigentlich? Nun, zum einen ist es schlicht so, dass Sie von Geschäftspartnern oder Kunden gar nicht verstanden werden, wenn Sie mit dem aus Ihrem Unternehmen gewohnten Bürokauderwelsch um sich werfen. Außerdem grenzen Sie die andere Partei dadurch aus und das vermittelt dem Kunden mindestens ein schlechtes Gefühl. Wer zudem die Kommunikation unnötig verkompliziert und verkürzt, wird von externen Personen vielleicht sogar als unprofessioneller Partner bewertet. Das wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf Sie, sondern im Prinzip auch auf Ihr gesamtes Unternehmen.
Es gilt also höllisch aufzupassen. Denn selbstverständlich müssen Sie jederzeit in der Lage sein, auch mit externen Partnern in Fachbegriffen zu sprechen, sonst könnte Ihnen das als Mangel an Kompetenz ausgelegt werden. Gleichzeitig müssen Sie vermeiden, komplett in diesen Jargon der Fachtermini abzudriften und womöglich noch mit Abkürzungen oder Codes zu hantieren, die mindestens missverständlich sind. Schnell handelt man sich das Bild eines ausgrenzenden und unkollegialen Menschen ein.