In hektischen und bewegten Zeiten wie diesen stoßen viele Führungskräfte in traditionellen Unternehmensstrukturen immer häufiger an ihre Grenzen. Die Verantwortlichkeiten werden zur zunehmenden Belastung und bei Verspannungen, Kopfschmerzen, krankheitsbedingten Ausfällen und Co. steigt konsequenterweise die Gefahr von Fehlern. Das alles kommt Ihnen bekannt vor? Dann sollten Sie sich das Führungsmodell der Shared Leadership einmal näher anschauen.
Inhaltsverzeichnis
1. Definition: Was ist Shared Leadership?
Shared Leadership stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „Geteilte Führung“. Es ist ein Konzept, bei dem Führungsverantwortung und Entscheidungsmacht auf mehrere Personen im Unternehmen aufgeteilt werden. Dabei werden die Fähigkeiten und Stärken aller genutzt, um gemeinsam Ziele zu erreichen und bessere Entscheidungen zu treffen. Es erfordert eine hohe Kommunikations- und Zusammenarbeitsfähigkeit sowie eine offene und kollaborative Arbeitskultur. Shared Leadership kann abteilungsbezogen und/oder auch projektbezogen auf mehrere Schultern verteilt. So lassen sich auch komplexe Aufgaben und Projekte dank flacher Hierarchien und einer stärkeren Einbeziehung der Mitarbeiter einfacher abwickeln, Stärken gezielter nutzen und Potenziale heben, die bislang im Verborgenen lagen.
2. Voraussetzungen für eine geteilte Führung
Gemeinsam ist besser als einsam – das ist eine Weisheit, die so einfach ist, dass sie in der Komplexität des modernen Arbeitsalltags oft schlicht übersehen wird. Das Wichtigste für ein Gelingen von Shared Leadership ist eine ausreichende Zahl qualifizierter Mitarbeiter, die genug Reife und Selbstbewusstsein aufweisen, um Verantwortung zu übernehmen, die Meinung ihrer Kollegen akzeptieren zu können und ihnen notfalls auch den Rücken stärken zu können. Shared Leadership ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und dient der gegenseitigen Unterstützung; Konkurrenzdenken oder Neid sind dabei fehl am Platz – so viel muss allen Beteiligten zunächst einmal bewusst sein. Einer der größten Fallstricke bei der Shared Leadership ist es nämlich, wenn sich Führungskräfte oder Teamleiter durch die Aufteilung ihrer bislang alleinigen Verantwortung in irgendeiner Form „degradiert“ fühlen oder wenn für ein Projekt mit größerer Verantwortung betraute rangniedrigere Mitarbeiter diese Verantwortung auch auf ihre anderen Projekte übertragen. Deshalb ist eines klar: Bevor Sie Verantwortlichkeiten verteilen, muss allen Beteiligten klar ihre Rolle in der Abteilung bzw. im Projekt kommuniziert werden. Erst, wenn sicher ist, dass jeder seinen Part annimmt und die Grenzen akzeptiert, ist die Grundvoraussetzung für Shared Leadership in Ihrem Unternehmen gegeben. Grundsätzlich kann Shared Leadership ergänzend oder einfach auch nur bei Bedarf in den meisten Unternehmen praktiziert werden.
3. Die Einführung von Shared Leadership durch gute Kommunikation
Damit die Einführung der Shared Leadership Ihnen die Arbeit auch wirklich erleichtert, sind die klare Formulierung von Zielen und die eindeutige Zuweisung aller Aufgaben das A und O. Wenn das nicht gewährleistet ist, kann es schnell zur Überforderung der Mitarbeiter kommen oder zu unklaren Verantwortlichkeiten und der negativen Form von TEAM (Toll Ein Anderer Macht´s). Bevor Sie loslegen, sollten sich alle Beteiligten ehrlich machen zu den wichtigen Fragen:
- Wofür stehe ich?
- Wie schätze ich meine Belastbarkeit ein und wo liegen meine Grenzen?
- Welche Ziele will und kann ich für das Unternehmen ins Auge fassen?
Dafür sollte sich jeder ausreichend Zeit nehmen – und unbedingt auch die privaten bzw. familiären Interessen mitberücksichtigen. Am besten sollte jeder auch einmal eine Nacht oder zwei über seine Antworten schlafen, damit nicht Verantwortlichkeiten außerhalb des Unternehmens verdrängt werden – aller möglicherweise vorhandenen Dringlichkeit zum Trotz. Im nächsten Schritt werden die einzelnen Vorstellungen idealerweise miteinander in Einklang gebracht, indem man Überschneidungen und Synergieeffekte ebenso eruiert wie mögliche Reibungspunkte ausmacht. Alle Beteiligten sollten sich ehrlich fragen: Halte ich die Meinung des anderen Führungspartners aus? Bin ich mutig genug, ihm ehrlich meine Meinung zu sagen, ihm aber auch den Rücken zu stärken? Bin ich in der Lage, auch Dinge anzusprechen, die nicht so gut laufen (bei mir selbst, wie bei anderen)?
4. Verteilungsformen von Verantwortlichkeiten bei Shared Leadership
Danach geht es an die Verteilung der Verantwortlichkeiten. Diese können sowohl 50:50 aufgeteilt werden als auch 60:80 oder 100:100. Bei 50:50 etwa ist jeder Beteiligte zu 50 Prozent für die Erledigung einer Aufgabe zuständig. Das ist etwa dann der Fall, wenn es auf das Zusammenspiel verschiedener Fähigkeiten ankommt, wenn etwa der Programmierer den technischen Part für das Erstellen einer Website übernimmt und der Texter den Content erledigt. 100:100 etwa ist dann die gleichwertige volle 100-%-Verantwortung auf zwei oder mehreren Schultern, wenn sich Mitarbeiter gleichwertig für das Gelingen jeder für ein Projekt nötigen Einzelaufgabe verantworten und möglicherweise etwa beim Job-Sharing gegenseitig vertreten.
5. Gemeinsam Shared Leadership leben, denn Erfolg wächst aus Akzeptanz im Team
Shared Leadership kann nur dann funktionieren, wenn alle im Team die neuen Führungskräfte akzeptieren und wertschätzen. Shared Leadership kann auch heißen, dass Sie basisdemokratische Entscheidungen anerkennen und damit alle Beteiligten ins Boot holen. Dafür ist es unabdingbar, dass stets Raum für offene Gespräche gegeben ist, damit Unklarheiten gemeinsam geklärt werden können. Es muss klar kommuniziert werden, welches Ziel Sie mit der Shared Leadership verfolgen und wie sie dieses Ziel erreichen wollen. Ein Mehraufwand, der sich am Ende aber auszahlt, denn flachere Hierarchien und kürzere Entscheidungswege führen zu einer größeren Flexibilität im Arbeitsalltag, zu mehr Spielraum für neue Ideen. Bestenfalls kann es sogar dazu führen, dass Ihre Mitarbeiter über sich hinauswachsen können. Das setzt voraus, dass Vorgesetzte beim Teilen ihrer Verantwortung nicht auf das klassische No-Go beim Thema Shared Leadership verfallen: Unangenehme Aufgaben und Entscheidungen einfach zu delegieren. So ein Vorgehen kann die Stimmung im Team gehörig verschlechtern und sich auf lange Sicht sogar negativ auf das Betriebsklima auswirken. Um diesen Fall gar nicht erst vorkommen zu lassen, eignen sich Spielregeln, die gemeinsam im Team festgelegt werden. Die Macht dieser Regeln erleben wir bei unseren Beratungsprojekten bei nahezu allen unseren Kunden.
6. Vor- und Nachteile der Shared Leadership im Überblick
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Shared Leadership Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, in einer immer komplexeren und vernetzteren Welt mit stets steigender Anforderung an Führungskräfte wieder flexibler Entscheidungen zu treffen.
Die Vorteile von Shared Leadership
Zuständigkeiten werden an Mitarbeiter des Teams weitergeben. Das bedeutet nicht automatisch, dass ein Vorgesetzter die gesamte Verantwortlichkeit für ein Projekt oder eine Aufgabe abgibt – die schlussendliche Entscheidungsgewalt kann auch einzig beim Chef liegenbleiben. Wichtig ist es bei Shared Leadership, dass die Fachkräfte in leitenden Positionen eigenverantwortlich und vor allem rechtzeitig Urteile und Entscheidungen treffen können, ganz entsprechend den Anforderungen des Marktes an die Flexibilität von Unternehmen. Diese geht in klassischen Unternehmensstrukturen mit starren Hierarchien mehr und mehr verloren und führt langfristig zu einem Wettbewerbsnachteil. Das lässt sich durch Shared Leadership vermeiden, denn sie kann gewährleisten, dass innovativ und konstruktiv agiert wird. Shared Leadership kann dazu führen, dass Abläufe dauerhaft optimiert werden können und neue Ideen und Wissen der Mitarbeiter im Unternehmen florieren.
- Höhere Motivation: Die Mitarbeiter fühlen sich mehr an den Entscheidungen und dem Erfolg des Unternehmens beteiligt, was zu höherer Motivation und Engagement führt.
- Bessere Entscheidungen: Durch die Teilung von Verantwortung und Entscheidungsmacht werden mehr Perspektiven und Ideen berücksichtigt, was zu besseren Entscheidungen führt.
- Höhere Innovationskraft: Shared Leadership fördert die Kreativität und die Fähigkeit, neue Lösungen zu finden, da alle ihre Ideen einbringen können.
- Geringeres Burnout-Risiko: Durch die Teilung von Verantwortung kann das Burnout-Risiko bei Führungskräften verringert werden, was zu einer höheren Arbeitszufriedenheit führt.
- Kollaborative Kultur: Shared Leadership fördert eine kollaborative Arbeitskultur, bei der alle Verantwortung übernehmen und miteinander kommunizieren.
Die Nachteile von Shared Leadership
Ein Nachteil der Shared Leadership kann sein, dass sie durch das Aufgeben des altbekannten Hierarchiekonzepts die Komplexität des firmeninternen Netzwerks erhöht. Zudem kann die temporäre Begrenzung der Verantwortlichkeiten Probleme in Sachen Kommunikation und Effizienz herbeiführen. Das beste Mittel dagegen ist ausreichend Raum fürs Gespräch – immer wieder. Doch dieser Aufwand zahlt sich aus.
- Höhere Koordinationswände: Da mehrere Personen an Entscheidungen beteiligt sind, kann es zu höheren Koordinationsaufwänden kommen.
- Längere Entscheidungsprozesse: Shared Leadership erfordert eine ausführlichere Kommunikation und Abstimmung, was zu Beschlussfassungsprozessen führen kann.
- Fehlende Klarheit: Da Verantwortung und Entscheidungsmacht auf mehrere Personen aufgeteilt sind, kann es zu fehlender Klarheit über die endgültigen Entscheidungen und Verantwortlichkeiten kommen.
- Anforderungen an Kommunikation und Zusammenarbeit: Shared Leadership erfordert eine hohe Kommunikations- und Zusammenarbeitsfähigkeit aller Beteiligten, was für manche Teams eine Herausforderung sein kann.