Ein Problem wird erst zum Problem, wenn es die betrieblichen Prozesse ins Schleudern bringt. Davor ist es zuallererst eine Situation. Wenn man dieser angemessen begegnet, wird ein Problem auf einmal zu einer Chance für Verbesserungsprozesse. Und diese kann man sogar proaktiv und vorausschauend anstoßen – bevor das Problem überhaupt zum Problem wird. Und der Weg dazu lautet: KVP-Gruppen.
Die Ausgangssituation
KVP steht für „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess” und dieser ist ein elementarer Bestandteil von Büro-Kaizen®. Im Sinne von Kaizen sind die Mitarbeiter die Experten für all das, was sie Tag täglich tun. Sie können meist gut beurteilen, welche Idee im Alltag funktioniert und welche eher scheitern wird.
Bei den KVP-Gruppen handelt es sich um (interdisziplinäre) Arbeitsgruppen aus Mitarbeitern die Probleme bearbeiten, welche ein einzelner Mitarbeiter nicht lösen kann. Für jede KVP-Sitzung werden weitere Mitarbeiter hinzu geholt, die von dem Problem betroffen sind, und die zur Lösung beitragen können.

Und so funktionieren KVP-Gruppen
Die KVP-Gruppe setzt sich in der Regel maximal 60 Minuten zusammen. In dieser Zeit werden mögliche Ursachen für ein Problem besprochen und alternative Lösungsvorschläge erarbeitet.
Bei meinen Beratungsprojekten mache ich immer sehr gute Erfahrungen mit dem Ratschlag, schriftlich zu arbeiten. Wenn ein Mitarbeiter ein Problem sowie mögliche Ideen zu dessen Behebung in Worte fassen muss, trägt dies spürbar zur gedanklichen Klarheit bei. Allerdings sollten Sie nicht einfach darum bitten, die Dinge aufzuschreiben. Wenn Mitarbeiter Probleme notieren, kann es sein, dass sie dies mit vielen Worten tun und ihre Gedanken vor allem auf das Problem richten.
Interessanter wird es jedoch in dem Moment, wo die Gruppe beginnt, lösungsorientiert zu denken. Stellen Sie deshalb ein Blatt zur Verfügung mit der Bitte, Gedanken dort aufzuschreiben. Dieses Blatt könnte so aufgebaut sein:

Schritt Nr. 1: Machen Sie die KVP-Gruppe zur festen Einrichtung
Um eine langfristig produktive KVP-Gruppe ins Leben zu rufen, braucht es Kontinuität. Heißt: Wenn Sie ein Problem feststellen und im Rahmen einer KVP-Gruppe bearbeiten möchten, empfiehlt es sich, einen festen Rhythmus für die Sitzungen zu installieren. Dies kann zum Beispiel freitagnachmittags sein, wenn es im Büro ohnehin ruhiger wird und keine Termine mehr im Hintergrund drängen.
Schritt Nr. 2: Agenda erstellen
Bereiten Sie für jede Sitzung eine Agenda mit den anstehenden Arbeitsschritten vor. Zum Beispiel Brainstorming oder die Ausarbeitung konkreter Lösungsansätze. Die Agenda ergibt sich aus der Problemstellung. An Ihr arbeiten Sie sich während der Sitzung wie an einer To-do-Liste entlang.

Schritt Nr. 3: Nach dem Problem ist vor dem Problem
KVP-Gruppen sind zunächst einmal projektorientierte Einrichtungen. Sie werden eingerichtet, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen – in diesem Fall, eine Problemlösung zu erarbeiten. Ist das Problem gelöst, kann die KVP-Gruppe im Grunde aufgelöst werden. Aber: Das nächste Problem kommt bestimmt. Überlegen Sie deshalb, ob es nicht sinnvoll ist, diese Gruppe beizubehalten und zu einer konstanten Einrichtung zu machen.
Schritt Nr. 4: Per „Problemspeicher” das Unternehmen einbinden
Für die langfristige Arbeit einer KVP-Gruppe könnten Sie beispielsweise einen „Problemspeicher” einrichten. Dabei handelt es sich um einen Bereich im Aushangwesen, an dem die Mitarbeiter Probleme hinterlegen können, die anschließend in der KVP-Gruppe bearbeitet werden. Ein solcher „Problemspeicher” kann aus einem schlichten Bogen Papier bestehen. Es gibt auch Vorlagen, zum Beispiel von Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft (RKW)

Im Grunde reicht auch ein Flipchart-Blatt, das Sie entsprechend beschriften. Neben dem Problemspeicher können Sie auch Karten mit dem Reagan-Formular auslegen. Wenn ein Mitarbeiter ein Problem erkennt, kann er hier seine Gedanken notieren und die Karten anschließend in einem neben dem Problemspeicher bereitgestellten Briefkasten einwerfen.
Extra-Tipp:
Wenn Sie beispielsweise eine KVP-Gruppe im Bereich Kundenreklamation und -feedback haben, können Sie mithilfe des „They Said Reports” systematisch eine Verbesserung angehen.
Schritt Nr. 5: Vorschläge sichten, einordnen und bearbeiten
Wenn Sie das nächste Mal in der KVP-Gruppe zusammensitzen, schauen Sie sich die Zettel bzw. die Liste an und fragen sich, welches Thema Sie als erstes gemeinsam angehen möchten. Sie können in den Besprechungen auch weiterhin den Ideenspeicher nutzen. Schauen Sie, wo es Probleme gibt, die noch nicht gelöst wurden. Besprechen Sie diese Probleme im Team. Erarbeiten Sie Lösungen, tauschen Sie sich über Erfahrungen aus.
Was der Tipp bewirkt
Wir alle leben in einem Umfeld, das immer schnelllebiger wird. Der Wandel ist die einzige Konstante, die wir dabei in einem Unternehmen haben. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, um auf Änderungen zu reagieren:
Möglichkeit Nr. 1: Reaktives Vorgehen
Sie warten, bis Dinge sich ändern und richten dann Ihre Organisation neu aus. Der Vorteil ist, dass Sie wissen, was sich geändert hat und konkret reagieren können. Der Nachteil ist, dass Sie möglicherweise zu spät dran sind und den Gegebenheiten am Markt immer hinterher laufen.
Möglichkeit Nr. 2: Proaktives Vorgehen
Sie fragen sich, wie sich der Markt entwickeln wird. Durch geeignete Maßnahmen können Sie Änderungen vorweg nehmen, um gut aufgestellt zu sein. Der Vorteil ist, dass Sie schneller sind. Der Nachteil ist, dass sich Dinge anders entwickeln können, als Sie das angenommen haben.
Ideal-Lösung: Der Goldene Mittelweg
In der Praxis würde ich Ihnen empfehlen, beide Vorgehensweisen einzusetzen. Werden Sie vorbeugend aktiv – aber an Stellen die unproblematisch sind und lohnende Verbesserungen versprechen. Dabei ist es hilfreich, jeweils eine der folgenden fünf Brillen aufzusetzen:
1. Prozess-Brille
Welche Prozesse kommen bei Ihnen besonders häufig vor? Was lässt sich tun, um diese Prozesse besser (schneller, einfacher, kundenorientierter) als bisher zu erledigen?
2. Verschwendungs-Brille
Wo gibt es bei Ihnen Abläufe, die nicht zur Wertschöpfung beitragen; Prozesse, für die Sie der Kunde nicht bezahlt?
3. Struktur-Brille
Strukturen geben den alltäglichen Abläufen ihre Gestalt. Welche Strukturen lassen sich verbessern?
4. Fehler-Brille
Was können Sie tun, um Fehler zu vermeiden, bevor sie entstehen?
5. Gruppen-Brille
Welche Berufsgruppe kommt bei Ihnen besonders häufig vor? Was passiert, wenn Sie Prinzipien des Büro-Kaizen auf den Alltag dieser Gruppe anwenden?

Service
Tipps für den Umgang mit dem Reagan-Formular erhalten Sie auch in meinem Blog-Beitrag „Tear Down This Wall – Mit dem Reagan-Formular Probleme lösen”. Das Reagan-Formular selbst erhalten Sie übrigens kostenlos in unserem Download-Center.
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